DIE MENSCHENRECHTSFUNDAMENTALISTEN
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Menschenrechte
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Diese Kategorie umfasst alles, was das Thema Menschenrechte berührt (ach was!).

Die Sache mit den Nazi-Abkürzungen: Ein falsches Zurückweichen
11.12.2012 08:51:23

Die Sache mit den Nazi-Abkürzungen: Ein falsches Zurückweichen
von Thomas Baader

Seitdem der "Nationalsozialistische Untergrund" und seine Untaten einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden, will man die Buchstabenfolge NSU nicht mehr auf deutschen Nummernschildern sehen. Zumindest von offizieller Seite.

An sich ist dieses Vorgehen nur konsequent: Auch die Abkürzungswünsche SS, NS, HJ oder AH treffen bei der Zulassungsstelle auf Widerstand (und zwar auch dann, wenn man Steffen Schork oder Natascha Schmitt heißen sollte). Und an vielen Universitäten wird man feststellen, dass das Wort Wintersemester zwar mit WS, aber Sommersemester keineswegs mit SS abgekürzt wird - sondern mit SoSe.

Die Vorsicht und das Unbehagen diese "verbrannten" Abkürzungen betreffend sind nicht ganz unverständlich - aber ist es eigentlich wirklich Vorsicht und nicht etwa Angst? Und: Leistet es im Kampf gegen Rechtsextremismus wirklich einen sinnvollen Beitrag? Gibt es in Deutschland auch nur einen einzigen Neonazi weniger, weil wir nicht NS auf unsere Nummernschilder schreiben?

Es handelt sich also um Symbolpolitik im klassischen Sinne. Nun ist Symbolpolitik aber nicht unbedingt etwas Schlechtes. Staat und Gesellschaft können und sollen bei bestimmten Themen deutliche Signale setzen. Diese Signale ersetzen andere Formen der Auseinandersetzung zwar nicht, machen aber immerhin eine deutliche Aussage: Das wollen wir hier nicht!

Aber sind beim Verzicht auf rechtsextrem kontaminierte Abkürzungen denn die Signale wirklich so eindeutig? Die Stadt Hamburg etwa zeigt auf ihren Nummernschildern weiterhin stolz die Abkürzung HH. Auch das ist ein Signal, auch das macht eine Aussage: HH heißt hier Hansestadt Hamburg und nicht Heil Hitler! Wir gönnen euch diese Abkürzung nicht, sie gehört uns.

Denn das ist der Nachteil, der entsteht, wenn man solche Abkürzungen meidet: Man überlässt sie kampflos den Rechtsextremen zu Propagandazwecken. An sich ist das nicht nötig. Der Kontext sollte normalerweise in der Lage sein, Abkürzungen eindeutig aufzuschlüsseln. Ein SS auf dem Cover eines Vorlesungsverzeichnisses hieße dann eben einfach Sommersemester und könnte gar nicht Schutzstaffel bedeuten. Der Zusammenhang, in dem die Abkürzung SS erscheint, schließt hier einen nationalsozialistischen Hintergrund aus.

Der Kampf gegen Abkürzungen und auch Zahlenfolgen (man denke an die Thüringer Grünen, die eine Kampagne gegen eine Brauerei gestartet hatten, weil diese ihr Gründungsdatum - 1888 - vermarktete) entpuppt sich oft als eine Art von ergebnislosem Aktionismus, der von den wirklichen Möglichkeiten, extremistische Bestrebungen zu bekämpfen, ablenkt. Man kann sich danach als guter Bürger fühlen, ohne wirklich etwas verändert zu haben. Alte deutsche Ängstlichkeit und angstgesteuertes Gutdeutschtum gehen hier Hand in Hand.

Die Abkürzung NSU bezeichnet übrigens auch eine Automarke.

Odenwaldschule: Missbrauchsopfer fordert Konsequenzen
28.11.2012 07:43:26

Lesehinweis

Auch diese Redaktion griff das Thema nicht auf, obwohl er es der Zeitung (»Ich war ZEIT-Leser«) sogar als erste anbieten ließ. Man lasse sich »wegen ein paar missbrauchter Kinder die Reformpädagogik nicht kaputt machen«, habe es geheißen. Die Autorenschaft dieses mutmaßlichen Satzes lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Doch Huckele wunderte sich nur kurz: ZEIT-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff war mit Hartmut von Hentig, dem Vorzeigepädagogen, dem gern gelesenen Autor und eben auch Lebenspartner von Gerold Becker, eng befreundet. Drei ihrer Nichten und Neffen hatten die Odenwaldschule besucht, der jüngste von ihnen war mit Huckele in einer Klasse gewesen. Auch viele andere Würdenträger der Gesellschaft schickten ihre Kinder auf die berühmte Schule.
[...]
Er erinnert sich noch gut, wie ihm zum 75-jährigen Internatsjubiläum Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit Hartmut von Hentig und Gerold Becker auf dem Schulgelände entgegenkamen. »Da hat man als 16-Jähriger keine Fragen mehr.« Für die Opfer war das »linksliberale« Internat unter dem Becker-Regime ein totalitäres System mitten in Deutschland, aus dem es für die Kinder kein Entrinnen gab und gegen das kein Erwachsener Widerstand leistete. Weder innerhalb noch außerhalb der Schule. »Für mich führt der Preis eine bestimmte gesellschaftliche Kaste vor«, sagt Huckele. Die Jury des Geschwister-Scholl-Preises formuliert es so: »Auch darin liegt eine große Leistung dieses Buches: dass es hinweist auf das Versagen von Zivilgesellschaft und Rechtsstaat, von Bürgern, Pädagogen, bis hin zu Presse und Justiz, die darin scheitern, die Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen sicherzustellen, wie es die UN-Charta für die Rechte der Kinder verlangt.«
[...]
Für Huckele sind die Verjährungsfristen eine Art »staatliches Täterschutzprogramm«. Nach Verstreichen der Frist machten viele Täter die Betroffenen per Rechtsanwalt mundtot. »Die Opfer erleben ihre Ohnmachtsgefühle noch einmal. Andere Länder kennen solche Regelungen nicht. Wer verfolgt hat, wie in England (BBC) oder den USA (Penn-State-Universität) offizielle Stellen für Aufklärung und Sanktionen sorgten, nachdem die Missbrauchsskandale publik wurden, der weiß, dass Deutschland noch einiges besser machen kann.

http://www.zeit.de/2012/48/Odenwaldschule-Kindesmissbrauch-Andreas-Huckele/seite-2

Fundstück: Ein Interview aus dem Jahr 1979
25.11.2012 16:47:09

Lesehinweis

Ein Zufallsfund beim Surfen im Internet: ein Interview aus dem Jahr 1979 mit dem Zigeunermusiker Heinz Adler.

Die Zeiten waren wohl noch wirklich andere, was man nicht nur an der unproblematischen Verwednung des Begriffs "Zigeuner" sehen kann... Herr Adler äußert nämlich einige Ansichten, die heute wohl einen Skandal auslösen würden:

Adler: Heute habe ich eine Familie von 8 Kinder, ne, und hab dabei schon vier Stück verheiratet, natürlich, ne.
[...]
Frage: Wenn man überlegt, daß doch Zigeunermädchen deutsche Männer heiraten, und daß diese Mischehen zahlenmäßig nicht mal so selten sind: Besteht da nicht doch die Gefahr - das geht ja los mit der Frage: Wie werden die Kinder erzogen? Werden sie noch zigeunerisch erzogen? - daß da die Kultur zurückgeht?
Adler: Aber es sollte jeder sehen, daß er seine Kinder so unterbringt, wie es sich gehört, verstehn Sie? Mal sagen: Töchter oder Söhne von Ihrer Rasse sollen sich Leute nehmen von Ihrer Rasse. Ich hab auch ne deutsche Frau. Meine Frau stammt von Norddeutschland, vom Hamburg. Aber die habe ich mir so erzogen; die ist so, wie ich se haben wollt! Und jeder sagt, der wo sie kennt, da kann man gar nichts drüber sagen. Ich sag’s Ihnen so, wie’s ist. Und ich bin der Meinung, das bin ich meinen Vorfahren schuldig, und das werde ich auch durchhalten. So lange ich lebe. Das habe ich meinen Söhnen beigebracht, und das wird auch so weitergehen. Und kann trotzdem leben so, wie sich’s gehört.
Frage: Ihre Kinder, haben die deutsche Frauen oder Männer geheiratet?
Adler: Meine Söhne sind verheiratet mit unsere Leut, meine Töchter genauso. Wir leben normal, wie jeder andere Bürger lebt. Genau dasselbe. Haben alle ihre Arbeit, stehn in Arbeit, haben ihren Haushalt jeder, ne, das ist die Sache, was ich sagen kann.
[...]
Frage: Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten Ihre Frau erzogen, so auf die zigeunerischen Sitten hin. Gibt es ein Beispiel, wo sie umlernen mußte?
Adler:  Noja, das mit der Zeit. Wenn man Interesse dran hat - und die Frau hat Interesse daran und weiß, was sie geheiratet hat und sich einigermaßen einfügen tut, und die auch Interesse selbst bringt, da bringt man auch so eine Frau dahin, wie sie sein soll, nach Sitten und Gebräuche von unserer Art, und das hat meine Frau auch getan bis heute. Ich kann da nichts anderes dazu sagen.

Erstveröffentlichung dieses Interviews in "Zigeuner und wir", herausgegeben vom Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Frankfurt 1979.

(Angefügt an das Interview ist folgender Hinweis: "Erst in den 1980er Jahren begann auch ein Wandel der Terminologie, wirkungsmächtig hierbei der Interessenverband 'Zentralrat Deutscher Sinti und Roma', dem es gelang - ergebnislos angefochten durch andere zigeunerische Gruppen - im öffentlichen Diskurs einen Begriffswechsel von 'Zigeuner' zu 'Sinti und Roma' (als nunmehr politisch korrekte Bezeichnung) herbeizuführen. Mein Gesprächspartner Heinz Adler kannte keine andere Eigenbezeichnung als 'Zigeuner', was unbefragt auch als Selbstidentifikation der eigenen Familie gültig war.")

Link: https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:nILHF8Zfd48J:heinzschilling.de/aufsaetze/ethnische_gruppen/jenseits_des_stigmas.pdf+%22ich+bin+zigeuner%22&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESj2h2GESnux_Nf10V2B58Z-mnDvlkD3yltvCQQ7x5fHT-isqCObRbW-tVHQlnAn8A3yFwcwVvtlNnmUoPNmE6F7biRuuc2tUuhclDLzlQvaWh4udGnSLfkhiBvCXlKU7pQtJH1K&sig=AHIEtbS00TCor7OCKUr8sWQMRxxQUBFpuw

Siehe auch:
ZEIT: Durften Sie als Mädchen so viel wie Jungs?
Rosenberg: Nein. Die Rollen sind in Sinti-Familien klar verteilt. Der Mann ist das Oberhaupt der Familie. Die Mädchen sind für die Hausarbeit zuständig. Als ich jung war, durfte ich nicht allein weggehen, etwa in eine Disko oder ins Kino.
http://www.zeit.de/2006/37/Interview-Rosenberg

Wir trauern um Johnny
25.11.2012 11:08:56

Wir trauern um Johnny
Dokumentation einer Erklärung

Wir, die Unterzeichner dieser Erklärung, verurteilen die Tat, die am 14.10.2012 zum brutalen Tod des zwanzigjährigen Jonny Deipabba am Alexanderplatz in Berlin führte und möchten der Familie unser tiefes Mitgefühl aussprechen. Wir sorgen uns, dass die grausame Tat und deren Hintergründe mit der Zeit von der Tagesordnung verschwinden werden. Dies möchten wir nicht zulassen.

Wir sind der Ansicht, dass den Ursachen der Gewalt in unserer Stadt nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird und Jonny das neueste Opfer dieser sinnlosen und anhaltenden Brutalität ist.

Daran tragen die Ignoranz der Mehrheitsgesellschaft, das Justizsystem, die Familien, die Politiker, die im Namen von Migranten agieren, sowie Verantwortliche in der Bildungs- und Jugendpolitik eine Mitschuld. Die Missachtung von Warnungen und Empfehlungen finden sich in vielfältigen Sparmaßnahmen insbesondere im Jugend- und Bildungsbereich wider.

Wir rufen die Öffentlichkeit auf, diese Gewaltexzesse und maßlose Brutalität nicht zu ignorieren und betonen ausdrücklich, dass Gewalt keine Rasse, kein Geschlecht, keine Heimat und keine Nation kennt. In unseren Augen unterscheiden sich diejenigen, die einen Obdachlosen in Mecklenburg-Vorpommern zu Tode prügelten, in ihrer Einstellung und Motivation nicht von jenen, die Jonnys Tod verursachten.

Wir rufen die Öffentlichkeit und die Verantwortlichen zu mehr Sensibilität und zu einem Umdenken auf. Wir fordern ein nachhaltiges Präventionskonzept gegen Gewalt, das angesichts der Ermordung von Jonny nicht mehr aufschiebbar ist.

Wir haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wann und was sich ändern wird und werden diese Reformen aufmerksam begleiten.

Unterzeichner: Bihter Carhoglu (Politologin), Ilhan Emirli (Erzieher), Bülent Gündogdu (Fussbaltrainer), Ahmet Güven (Gastronom), Kadriye Karci (Juristin), Yusuf Mirzanli (Grafiker), Kifayet Pancar (Erzieherin), Enver Sen (Erzieher), Mete Sener (Dipl. Kaufmann/Dolmetscher), Arzu Toker (Publizistin), Bilge Toyran Tas (Pflegehilfskraft), Hakan Türkmen (Künstler), Rauf Uluc (Bauunternehmer), Gülcin Wilhelm (Publizistin), Ercan Yasaroglu (Sozialarbeiter), Sebnem Ciliz Yasaroglu (Kulturwissenschaftlerin)

Kontakt und Anregungen: wir-trauern-um-jonny@web.de <mailto:wir-trauern-um-jonny@web.de>, facebook: Wir trauern um Jonny

Siehe auch:

"Wenn ich Mist baue, macht nichts, ich komme morgen wieder frei!" Das ist so ein Satz, den Ercan Yasaroglu oft hört von seinen Jugendlichen. Seit fast 30 Jahren arbeitet er nun als Sozialarbeiter in Berlin, vor allem mit Drogenabhängigen. "Unsere Justiz sucht immer Milde in der Strafe", sagt Yasaroglu. Und: "Ich halte das für ein fatales Signal an Jugendliche, die auf der Straße aufwachsen."
Neben seiner Arbeit mit Jugendlichen betreibt Yasaroglu ein Café in Berlin-Kreuzberg, in dem der Gast sich auf Polstermöbeln niederlässt und Tee serviert bekommt. Er ist Deutscher türkischer Herkunft, doch von Migrantenverbänden wie etwa der Türkischen Gemeinde Deutschland fühlt er sich nicht vertreten. "Diese Verbände betreiben separatistische Politik", sagt Yasaroglu.
"Die schweigen, solange ein Opfer nicht türkischer Herkunft ist. Erst wenn ein Türke einem Verbrechen zum Opfer fällt, ist der Aufstand groß." Als Beispiel nennt er die NSU-Morde. Lange Zeit standen auf den Internetseiten vieler Migrantenverbände nur die acht Fotos der türkischen Opfer – die Fotos des zu Tode gekommenen Griechen und der deutschen Polizistin fehlten.
[...]
"Da wird ein junger Mensch gelyncht, mitten unter uns, weil jemand schlechte Laune hatte", sagt Yasaroglu. "Ich stelle mir bloß vor, ein Faschist hätte einen Türken zusammengeschlagen. Das hätte einen Aufschrei gegeben!"
Dieses Mal aber war das Opfer Sohn eines Deutschen und einer Thailänderin. Die Täter allem Anschein nach türkischer Herkunft. Die Türkische Gemeinde hat sich nicht zu dem Vorfall geäußert – nach dem Motto: Egal, hat keinen von uns getroffen, sagt Yasaroglu.
"Mich schreckt diese Form des Rassismus ab. Jeder Verein nutzt eine Tat für seine Interessen. Opfer ist Opfer." Gewartet hätten er und seine Mitstreiter, ob Migrantenpolitiker und Verbandsvertreter von sich aus ihre Betroffenheit zeigen würden. Aber es sei keine Reaktion gekommen.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article111464365/Waere-das-Opfer-tuerkisch-gaebe-es-einen-Aufschrei.html

"Der Islam benachteiligt Frauen" - ein Vorurteil?
24.11.2012 09:42:34

"Der Islam benachteiligt Frauen" - ein Vorurteil?
von Thomas Baader

Die FAZ kommentiert eine Umfrage des Instituts Allenbach, aus der hervorgeht, dass der Islam in Deutschland einen schlechten Ruf genießt.

Eine aufklärerische Herangehensweise an diesen Befund kann nur bedeuten, dass man differenziert verschiedenen Fragen nachgeht: Bei wem genau genießt der Islam einen schlechten Ruf? Der Islam oder die Muslime? Was sind die vorgebrachten Begründungen? Besteht der schlechte Ruf einer religiösen oder auch nicht-religiösen Lehre, was bestimmte einzelne Aspekte betrifft, zu Recht oder zu Unrecht?

All diesen Fragen nachzugehen, würde allerdings einen größeren Aufwand notwendig machen, als er an dieser Stelle leistbar wäre. Nehmen wir daher nur einen Aspekt nun heraus und betrachten ihn gesondert. In der FAZ heißt es: "83 Prozent meinten daraufhin, der Islam sei von der Benachteiligung der Frau geprägt [...]"

An andere Stelle wurden wir oft mit der Behauptung konfrontiert, dass die Aussage, wonach im Islam die Frau benachteiligt wäre, nur ein Vorurteil sei. Ändern müsse sich also in dieser Hinsicht nicht die islamische Lehre, sondern die von solchen Vorurteilen geprägte Einstellung der Kritiker. So oder so ähnlich lautet die Argumentationsweise von islamischen Verbandsfunktionären, aber auch diverser muslimischer wie nicht-muslimischer politischer und akademischer Akteure, teils aus dem konservativen, vor allem aber aus dem linken Lager.

Das überrascht, da vor allem das linke politische Spektrum etwa dem Katholizismus oftmals eine Benachteiligung von Frauen vorwirft. Festgemacht wird dies unter anderem an einer restriktiven Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen und der Tatsache, dass der Katholizismus keine weiblichen Kleriker kennt.

Die beiden genannten Punkte treffen allerdings auch auf den Islam, zumindest auf den Mehrheits-Islam zu (die zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallenden progressiven Verbände und Gemeinden können für diese Betrachtung außer Acht gelassen werden). Wenn also wegen dieser Aspekte der Katholizismus vielen Linken als frauenfeindlich gilt, warum dann nicht der Islam?

Die Antwort ist einfach: Weil die als exotisch wahrgenommene Religion in diesen Kreisen zur Idealisierung und Romantisierung reizt. Damit überwinden aber dieser Teil der Linken nicht Stereotypisierungen und Klischees, wie man sie im rechtsextremen Spektrum vorfindet, sondern setzt sie unter umgekehrten Vorzeichen fort. Im Zuge dieses Prozesses idealisiert man auch sich selbst: Man kann dann vor sich selbst als tolerant, kultursensibel und verständnisvoll gelten. Diese Selbstbeweihräucherung betreibt man allerdings auf Kosten der muslimischen Frauen.

Solange die DITIB dem Mann eine führende Rolle in der Familie zuschreibt, solange auf islam.de zu lesen ist, dass man bei Ehebruch die Aussagen von vier männlichen Zeugen benötigt, solange nach fast einhelliger Auffassung der Rechtsgelehrten ein männlicher Muslim eine Nichtmuslima heiraten darf, aber nicht umgekehrt - solange hat sich der Islam den Umstand, dass er als überwiegend fraunfeindlich wahrgenommen wird, selbst zuzuschreiben.

Das wahre Wesen des Kulturrelativismus
20.11.2012 22:28:43

Lesehinweis

Der Kulturrelativist sieht Menschenrechte im Kontext der Kulturen. Das Modell vom Menschen und seinen Rechten ist ihm nicht übertragbar zwischen den Kulturen. Die Definition, wer ein vollberechtigter Mensch ist, kann somit zwischen den Kulturen unterschiedlich sein und ist nicht von außen zu bewerten. Die Welt besteht für ihn also aus verschiedenen Parallelwelten, in denen Menschen differierende Rechte genießen. Das findet er auch nicht schlimm, denn die Bewertung folgt ja nur der Binnenlogik. Strukturelle Unterdrückung ist also das eigene Problem der Unterdrückten. Der Universalist hingegen vertritt die Meinung, dass allen Menschen aller Kulturen die gleichen unveräußerlichen Rechte zustehen. Gesellschaften, in denen Menschenrechte von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind, bewertet er (und er darf das!) als undemokratisch und oft archaisch. Die Unterdrückung von Menschen ist ihm nicht deren Privatproblem, sondern Aufgabe und Herausforderung der Menschheit.
Nun wird dem Universalisten von Seiten des Kulturrelativisten manchmal vorgeworfen, er sei ein Kulturchauvinist. Das ist begrifflich etwas falsch, s.u., zeigt aber auf, wo die Grenzlinie verläuft. Sachverhalte, die den Kulturrelativisten in der eigenen Gesellschaft erheblich – vor allem, wenn es ihn selber träfe – stören würden, werden mit einer euphemistischen Wertschätzung für „Traditionen“ doch viel weniger schmerzhaft. Kulturrelativismus ist oft nichts weiter als ein beklagenswerter Mangel an Empathie, der aber als besondere Toleranz verkauft wird. Der „Andere“ wird als so fremd betrachtet, dass es da keine gemeinsamen Werte und Bewertungen geben kann.
[...]
Die Menschenrechte sind jedoch von universeller Gültigkeit. Sie nicht als universell anzusehen, ist durch keinen vernünftigen Grund getragen und ist immer Ausfluss von Traditionen und Erhaltung von Machtpositionen. Wer glaubt, dass nicht alle Personen die gleichen Rechte haben (sollten), kann dies nur religiös oder faschistoid „begründen“. Beide Ansätze sind klar abzulehnen und man muss ihnen – so sie nicht nur im Privaten betrieben werden – klar entgegentreten.

Vollständig hier:
http://www.wissenbloggt.de/?p=13957

Amartya Sen: Kein Multikulturalismus, nur pluraler Monokulturalismus
18.11.2012 20:41:45

Lesehinweis

Ein wichtiges Problem ist die Unterscheidung zwischen Multikulturalismus und dem, was man "pluralen Monokulturalismus" nennen könnte. Gilt die Existenz einer Vielfalt von Kulturen, die möglicherweise wie Schiffe in der Nacht aneinander vorbeifahren, als gelungenes Beispiel für Multikulturalismus? Die Unterscheidung ist, da Großbritannien gegenwärtig hin- und hergerissen ist zwischen Interaktion und Isolation, von zentraler Bedeutung (und zudem relevant für die Frage von Terrorismus und Gewalt).
[...]
Wenn dagegen zwei Stile oder Traditionen nebeneinander existieren, ohne sich zu treffen, muß man eigentlich von einem "pluralen Monokulturalismus" sprechen. Die lautstarke Verteidigung des Multikulturalismus, die wir dieser Tage häufig vernehmen, ist oft nichts anderes als ein Plädoyer für pluralen Monokulturalismus. Wenn ein junges Mädchen aus einer konservativen Einwandererfamilie sich mit einem englischen jungen Mann verabreden möchte, ist das sicherlich ein multikultureller Schritt. Versuchen ihre Aufpasser sie jedoch daran zu hindern (was recht häufig geschieht), ist das kaum als multikulturelle Maßnahme zu betrachten, denn in diesem Fall geht es ja gerade darum, die Kulturen voneinander abzuschotten. Dennoch erhält das elterliche Verbot, das zum pluralen Monokulturalismus beiträgt, sehr lautstarke Unterstützung von seiten angeblicher Multikulturalisten, die als Begründung anführen, es gelte die traditionellen Kulturen zu achten, so als sei die Freiheit der jungen Frau überhaupt nicht von Bedeutung und als müßten die verschiedenen Kulturen gewissermaßen in abgeschotteten Schubladen verharren.

In eine bestimmte soziale Umgebung hineingeboren zu sein ist an sich, wie schon erwähnt, keine Ausübung kultureller Freiheit, denn es handelt sich nicht um einen Wahlakt. Die Entscheidung hingegen, an der traditionellen Lebensweise festzuhalten, wäre eine Ausübung von Freiheit, falls die Wahl nach der Erwägung anderer Alternativen getroffen würde. Als eine solche Ausübung von Freiheit müßte auch die Entscheidung gelten, vom überkommenen Verhaltensmuster mehr oder weniger abzurücken, wenn man nach reiflicher Überlegung zu ihr gelangt ist. Kulturelle Freiheit kann in der Tat häufig mit kulturellem Konservatismus kollidieren, und wenn man im Namen der kulturellen Freiheit für den Multikulturalismus eintritt, kann man sich nicht standhaft und uneingeschränkt dafür aussprechen, jemand habe unerschütterlich an seiner überkommenen kulturellen Tradition festzuhalten.
[...]
Man darf, wie schon erwähnt, die Menschen dieser Welt nicht nur unter dem Aspekt ihrer religiösen Zugehörigkeiten betrachten, als eine Föderation von Religionen. Aus denselben Gründen darf ein multiethnisches Großbritannien nicht als eine Ansammlung von ethnischen Gemeinschaften betrachtet werden. Doch der "föderative" Standpunkt hat im heutigen Großbritannien großen Anklang gefunden. Obwohl sich tyrannische Weiterungen daraus ergeben, daß man Menschen in starre Schubladen vorgegebener "Gemeinschaften" sperrt, verstehen viele diesen Standpunkt eigenartigerweise als Verbündeten der individuellen Freiheit. Es gibt sogar eine vieldiskutierte "Vision" von "der Zukunft des multiethnischen Großbritannien", in der das Land "eine eher lockere Föderation von Kulturen (ist), die zusammengehalten wird von Banden des Interesses und der Zuneigung und einem kollektiven Daseinsgefühl ".
[...]
Diese Haltung äußert sich darin, daß man zusätzlich zu den vorhandenen christlichen nun aktiv neue "Konfessionsschulen" für muslimische, hinduistische und Sikh-Kinder fördert, was nicht nur pädagogisch fragwürdig ist, sondern obendrein verhindert, daß die Kinder umfassend darüber unterrichtet werden, was das Leben in einem Land ohne Rassentrennung von ihnen verlangt. Viele dieser neuen Institutionen entstehen ausgerechnet in einer Zeit, in der religiöse Polarisierung eine wichtige Ursache von Gewalt in der Welt ist [...].

http://www.perlentaucher.de/vorgeblaettert/leseprobe-zu-amartya-sen-die-identitaetsfalle-teil-2.html

Free Minds: Das Tor zum Mittelalter
14.11.2012 18:01:34

Lesehinweis

Von der säkular-kritischen muslimischen Initiative "Free Minds":

Das Zentrum für Islamische Theologie, welches mit der Al-Azhar Universität Kairo(*) zusammenarbeitet, wurde am 30.10.2012 in der Universität Münster von der Bildungsministerin, Dr. Annette Schavan, feierlich eröffnet. Free Minds hat versucht, im Rahmen einer spontanen Kreativ-Aktion “Grußbotschaft“, die Öffentlichkeit auf diesen fragwürdigen und schleichenden Prozess aufmerksam zu machen. Seit Beginn der Etablierung des Islam im Wissenschaftsraum überschlagen sich Skandale und Fehlentwicklungen. Der Islam gehört nicht als selbstständige Theologie an die Universität...

Hier weiterlesen:
http://freeminds.blogsport.eu/2012/11/10/free-minds-special-das-tor-zum-mittelalter/

Für Aufrichtigkeit und Offenheit in der Integrationsdebatte!
08.11.2012 07:03:43

Für Aufrichtigkeit und Offenheit in der Integrationsdebatte!
Humanisten und Menschenrechtler verurteilen die Verunglimpfung von Heinz Buschkowsky
Ein Aufruf

Mit stetig wachsender Sorge betrachten wir den Verfall der demokratischen Debattenkultur, wenn brisante Themen wie Integration, Parallelgesellschaften und Frauenrechte in bestimmten Migrantencommunitys zur Sprache gebracht werden. Heinz Buschkowskys Buch „Neukölln ist überall“ hat erwartungsgemäß die üblichen Verharmlosungs- und Diffamierungsreflexe hervorgerufen. Große Teile der Kritik, die nun dem Autor entgegenschlägt, zeichnet sich durch Unwilligkeit und Unfähigkeit aus, einem nachdenklichen und problemorientierten Text angemessen zu begegnen, der Befunde in konkrete Lösungsvorschläge überführt.

Durchaus gibt es kritische Stimmen, die sich sachlich mit dem Buch von Heinz Buschkowsky auseinandersetzen. Das ist legitim und sollte im Sinne einer gesellschaftspolitischen Debatte auch selbstverständlich sein. Auch wir als VerfasserInnen und UnterzeichernInnen dieses Aufrufs stimmen nicht mit jeder einzelnen Aussage von Heinz Buschkowsky überein. Wir wenden uns daher folgerichtig auch nicht gegen die wenigen ernstzunehmenden Buschkowsky-Kritiker, sondern gegen die Mehrheit der Polemisierer und Diffamierer, die mit Rassismus- und Rechtspopulismusvorwürfen, Breivik-Vergleichen und sprachlichen Entgleisungen zeigen, dass sie an keiner sachlichen Auseinandersetzung interessiert sind. Aus diesem Umfeld, das sich in den letzten Wochen lautstarkmarktschreierisch in der Öffentlichkeit artikuliert hat, werden wir ständig mit Falschaussagen und Halbwahrheiten versorgt, wie sie haarsträubender kaum sein könnten. Wenn nun etwa die Rede davon ist, dass Buschkowsky weder Lösungen noch Positivbeispiele aufzeige, dann muss man davon ausgehen, dass bestimmte Kritiker sich an einer Buchkritik ohne vorhergehende Lektüre versuchen. Buschkowskys Lösungsversuche, denen man selbstverständlich zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen darf, sind mannigfaltig und umfassen: altersgerechte Sachleistungen statt Kindergeld; Kindergartenpflicht; Ausbau von Ganztagsschulen; gezielte Sprachförderung; stärkere Konzentration auf Unterschichtenkinder im Bildungssystem; eine andere Debattenkultur; konsequente Sanktionierung von Fehlverhalten usw. Beispiele für gelungene Integration werden, entgegen der Behauptungen seitens der Kritiker, in dem Buch mehrach genannt, so auf den Seiten 59-60, 79-81,112-113, 286-290, 301-302, 311-312 und 322-324. Der Schwerpunkt des Buches liegt freilich auf der Betrachtung der Beispiele für misslungene Integration, was aber bei einem Text, der sich als problemorientierte Fehleranalyse versteht, auch gar nicht anders sein könnte. Der Vorwurf, dass Buschkowsky die Namen seiner Gewährsleute nicht nennt und immer nur von „einer Lehrerin“ oder „einem Polizisten“ schreibt, verwundert: Denn gerade der Umgang der Kritiker mit Buschkowsky macht es doch mehr als verständlich, dass der Autor des Buches seine Helfer durch Anonymisierung davor bewahren will, zur Zielscheibe von Diffamierungen und Schikanen zu werden.

Die in einem Leitartikel der Frankfurter Rundschau zu Ausdruck gebrachte Mahnung, „Es wäre viel gewonnen, wenn jetzt keine Debatte über den Lokalpolitiker Buschkowsky entsteht“, blieb leider ungehört. Ein Diffamierungskartell, das fürchtet, die Meinungshoheit über ein ihm ohnehin entgleitendes Problem zu verlieren, zwingt der Öffentlichkeit und somit auch uns diese Debatte auf, da Schmähkritik nicht unwidersprochen bleiben darf. Wir fordern eine Rückkehr zu den Sachthemen der Integration. „Neukölln ist überall“ bietet dafür gute Ansatzpunkte.

Nicht wenige der Kritiker zeigen selbst eine fragwürdige paternalistiche Haltung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und sind bislang bei der Bekämpfung gravierender Probleme und Gefahren in der Einwanderungsgesellschaft („Ehrenmord“, Zwangsheirat usw.) kaum bemerkbar in Erscheinung getreten. Da sie eine aufrichtige Debatte um Integrationsdefizite behindern, sind sie Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Verräterdebatten wie die gerade stattfindende, in der der gute Ruf Neuköllns höher gewichtet wird als die Überwindung der Probleme Neuköllns, sind nicht zielführend. Einen Bürgermeister, der „seinen Bezirk schlechtredet“, in die Rolle des Nestbeschmutzers zu drängen, zeugt von einem Mangel an Kritikfähigkeit und demokratischer Debattenkultur.

Sieben der Neuköllner Initiativen, die sich gemeinsam öffentlich gegen Heinz Buschkowsky positioniert haben, wurden von uns mit der Bitte angeschrieben, die Anstoß erregenden Passagen des Buches exakt zu benennen. Vier davon haben nicht geantwortet. Eine hat uns in einem kurzen Schreiben auf später vertröstet, eine andere hat lediglich eine einzelne Textstelle angegeben, die bereits mehrfach in der Presse zitiert worden war. Die siebente hat drei Textstellen präsentiert, in denen auch bei näherer Betrachtung nichts Anstößiges zu finden ist. Mit anderen Worten: Bis jetzt ist nicht der Eindruck entstanden, dass bei den als Kritikern auftretenden Initiativen eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Text stattgefunden hat. Die Behauptung, Buschkowskys Buch würde die Arbeit dieser Initiativen erschweren oder bei Betroffenen gar „psychologische Belastungen“ hervorrufen, halten wir für wenig überzeugend. Durchaus denkbar ist aber, dass bei manchen Initiativen auch der Gedanke eine Rolle spielt, dass Buschkowskys Buch die Forderung nach mehr Erfolgskontrollen bei der Integrationsarbeit zur Folge haben könnte - und dass solche Kontrollen letztendlich dazu führen könnten, den Fluss weiterer staatlicher Gelder für die nachprüfbar erfolglosen Initiativen infrage zu stellen.

Wir treten Rassismus und Fremdenfeindlichkeit genauso entschieden entgegen wie allen gegen die Menschenrechte, Rechtsstaat, Demokratie und Pluralismus gerichteten Ideologien und Bewegungen, gleichviel ob sie religiös oder weltanschaulich begründet werden. Unbegründete Rassismusvorwürfe sind aber dem Kampf gegen wirklichen Rassismus abträglich. Eine an humanistischen Leitideen orientierte Integrationsdebatte zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Menschen unabhängig von seiner Herkunft als mündiges Wesen ernst nimmt und auf eine pauschalisierende Viktimisierung verzichtet. Ein von Paternalismus geprägter Opferdiskurs, wie er in den Kreisen der Problemverharmloser gepflegt wird, ist nicht das Gegenteil des rechtsextremen Täterdiskurses, sondern seine spiegelbildliche Entsprechung. In einem Land die Einhaltung der hiesigen Gesetze einzufordern, ist mitnichten, wie Buschkowsky von der Gegenseite unterstellt wird, ein rechtspopulistisches Argumentationsmuster, sondern ein legitimer Aufruf zur Anerkennung einer auf Menschenrechten und demokratischer Entscheidungsfindung beruhenden säkularen Rechtsordnung.

Wir fordern daher eine aufrichtige, offene, sachliche und problemorientierte Integrationsdebatte, die Verunglimpfungen kritischer Stimmen vermeidet und keine Tabus aufbaut.

Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime e. V.
Desiree Arleth, peri e. V.
Thomas Baader, Pressesprecher von peri e. V. Verein für Menschenrechte und Integration
Güner Balci, Schriftstellerin und Journalistin
Wolfgang Benn, Arzt und Psychotherapeut
Dr. Frank Berghaus, Hrsg. von
www.wissenbloggt.de und Gründer der Initiative Humanismus
Brigitta Biehl, Köln, Rechtsanwältin, 2. Vorsitzende peri e. v.
Dr. Ronald Bilik, Freidenkerbund Österreich
Serap Çileli, Frauenrechtlerin und Vorsitzende peri e. V. Verein für Menschenrechte und Integration
Dr. Norma Driever, Soziologin, Dichterin, TERRE des FEMMES e.V.
Gernot Ecke, Beamter
Free Minds (betroffene Musliminnen und Muslime, aus Sicherheitsgründen anonymisiert)
Bernd Gast, Musiker und Lyriker
Miriam Geoghegan, Soziologin und wissenschaftliche Übersetzerin
Dr. Ralph Ghadban, Islamwissenschaftler und Politologe, Berlin
Rainer und Elisabeth Grell, Stuttgart
Dr. Assia Maria Harwazinski, Islam- und Religionswissenschaftlerin, Tübingen
Albrecht Hauser, Kirchenrat i. R.
Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, Ökonom und Soziologe
Christiane Höhmann, Lehrerin und Autorin, Paderborn
Hans-Michael Höhne-Pattberg, Mitglied der Piratenpartei
B. Jakobi, Personalleiterin
Sabatina James, Sabatina e. V.
Klaus Jansen, Bundesvorsitzender 2003-2011 Bund Deutscher Kriminalbeamter
Dr. Johannes Kandel, Publizist und Politikwissenschaftler, Berlin
Maria und Manfred Keller, peri e. V. (Schwerpunkt Betreuung)
Hartmut Klimm, Diplom-Ingenieur
Michael Körner, KV Ettlingen Bündnis 90/Die Grünen
Tina Kohaus, Fernsehjournalistin
Hartmut Krauss, Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte (GAM)
Vera Lengsfeld, Autorin, frühere DDR-Bürgerrechtlerin und MdB a. D.
Doro Meuren, peri e. V., AK Grüne für Säkularstaat, KV Neckar-Bergstraße, Terre des Femmes e. V.
Thomas Müller, Ryszard Kotonski, Verein für Aufklärung und Freiheit (VAF e. V.)
Paul Nellen, Politologe und Journalist, Mitglied der Grünen Hamburg
Roland Preuß, Journalist, München
Eva Quistorp, MdEP a. D., Theologin, Autorin
Dr. Martin Riemer, Rechtsanwalt, Brühl/Rheinland
Thomas Riese, Landschaftsarchitekt, Pistoia (Italien)
Prof. Dr. Bernhard Sabel, Direktor  Institut für medizinische Psychologie Magdeburg
Kornelia Sabel, Unternehmensberaterin, Berlin
Prof. Dr. Wolf-Dieter Schleuning, Arzt
Dr. Michael Schmidt-Salomon, Giordano-Bruno-Stiftung
Georg Schnellbächer, Kommunalpolitiker und Lehrer i. R.
Teresa Schrezenmaier, Unternehmensberaterin
Collin Schubert, Psychologin, Terre des Femmes e. V.
Ronald Schulze, BDK, Bernau
Prof. Dr. Ursula Spuler-Stegemann, Islamwissenschaftlerin
Dr. Cora Stephan, Schriftstellerin und Publizistin
Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin Terre des Femmes e. V.
Dr. Thomas Tartsch, Publizist und Sozialwissenschaftler, Datteln
Arzu Toker, Schriftstellerin und Journalistin
Karin Vogelpohl, HINTERGRUND-Verlag
Dr. Wahied Wahdat-Hagh, Sozialwissenschaftler
Eugen Wahl, Nürtingen, Lehrer
Ragini Wahl, Nürtingen, Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit
Prof. Dr. Lars Wellejus, Ökonom
Michael Wieck, Violinist, Autor und stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Gesellschaft für Politik, Kultur, Soziales e.V. „Diaphania“
Marie Wildermann, Journalistin, Berlin
Melanie Winzer, Rechtsanwältin, Frankfurt a.M.

Rasse schlägt Geschlecht: Das Schere-Stein-Papier der Diskriminierung
04.11.2012 10:14:15

Rasse schlägt Geschlecht: Das Schere-Stein-Papier der Diskriminierung
von Thomas Baader

Für den O.J.-Simpson-Prozess griff man auf einen Richter japanischer Herkunft zurück. Man wollte in einer heiklen Frage, die sich zu einem Konflikt zwischen schwarzer und weißer Bevölkerung ausweiten könnte, einen Richter haben, der keinem der beiden Lager zugerechnet wird. Weder Schwarzer noch Weißer zu sein, schien als Garant für Neutralität zu gelten.

Nun könnte man aber auf dem Standpunkt stehen, dass sich der Simpson-Mordfall eigentlich nicht primär um Hautfarben drehte. Es ging schließlich darum, dass ein Mann unter dem Verdacht stand, seine Ex-Frau ermordet zu haben. Eine Angelegenheit der Geschlechter, nicht der "Rasse"? Wieso wurde es eigentlich als unproblematisch empfunden, einen männlichen Richter zu haben? Ein schwarzer oder weißer Richter war schließlich bewusst vermieden worden. Nun kann man, anders als bei Hautfarben, im Falle von Geschlechtern eher schwer auf eine dritte Alternative ausweichen. Trotzdem ist auffällig, dass man sich mehr Gedanken um die Hautfarbe des Richters machte als um sein Geschlecht, obwohl eine Beziehungstat vorlag.

Michael Moore äußerte sich dazu folgendermaßen:
"Die meisten Weißen sind sehr empört über das Urteil in O.J. Simpsons Fall. Sehr empört. Aber warum eigentlich? Weil man einen Mörder laufen ließ? Das passiert doch jeden Tag! Weil O.J. seine Frau geschlagen hat? Entschuldigung, das tut doch euer Nachbar auch. Gerade jetzt. Habt ihr schon die Polizei gerufen, oder wollt ihr euch lieber nicht einmischen? "

Das Verfahren gegen Simpson wird heute von vielen Experten als fehlerhaft und dilettantisch kritisiert. In diesem Sinne gilt es durchaus als Skandalurteil. Trotz des Freispruchs im Strafprozess wurde Simpson in einem späteren Zivilprozess zur Zahlung von 33,5 Millionen Dollar an die Hinterbliebenen verurteilt. Ist es ein Skandal, dass sich die meisten Weißen über das Urteil im Strafprozess aufregen, wie Moore sagt, oder ist es ein Skandal, dass viele Schwarze es aus einer falschen Solidarität heraus nicht tun?

Als Peri e. V. und Terre des Femmes gemeinsam einen Trauermarsch für das Ehrenmord-Opfer Arzu Özmen veranstalteten, kündigte Pro NRW kurzfristig an, ebenfalls an dem Gedenken teilnehmen zu wollen. Nun betrachten wir noch einmal kurz die Fakten: Auf der einen Seite das "Ehrverbrechen" an einer jungen Frau, die sich nicht patriarchalischen Regeln beugen wollte - auf der anderen Seite der Auftritt einer fremdenfeindlichen Gruppierung. Nun raten Sie mal, was ab diesem Moment für einen Großteil der Presse das entscheidende Thema geworden war: Richtig, die ermordete Frau trat in den Hintergrund, und eine bedeutungslose Splitterpartei hatte es mit einer bloßen Ankündigung geschafft, ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu gelangen. Schere, Stein, Papier - in der heimlichen Diskriminierungshierarchie schlägt die Kategorie "Rasse" (oder mit ihr unrichtigerweise gleichgesetzte Kategorien wie Religion oder Ethnie) automatisch die Kategorie "Geschlecht". Es war schwer, den Journalisten auszureden, Pro NRW zum Schwerpunkt ihrer weiteren Berichterstattung über den Trauermarsch zu machen. Es bedurfte zahlreicher Bitten und Distanzierungen. Dass Pro NRW keine Parteibanner entrollen durfte, war vorneherein klar gewesen. Am Ende lag der Fokus wieder dort, wo er hingehörte: auf dem eigentlichen Opfer. Aber es war eine Kraftanstrengung nötig gewesen, und die Leichtfertigkeit, mit der Journalisten vom eigentlichen Thema abkommen, weil sie meinen, etwas Brisanteres gefunden zu haben, hat viele der Menschen, die sich für Arzu Özmens Gedenken eingesetzt haben, sehr zornig gemacht.

Auch die kulturrelativistisch begründete Verteidigung der Burka durch westliche Politiker und Intellektuelle ist ein Möchtegern-Antirassismus, der auf Kosten von Frauenrechten geht. Manche Zeitgenossen scheinen Rassismus für die schlimmste Form der Diskrimnierung überhaupt zu halten. Dabei ist es für einen Menschen völlig gleichgültig, ob er wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung ermordet wird. Hier eine Hierarchie etablieren zu wollen, ist im Kern ein antihumanistisches Unterfangen.

Unsere Öffentlichkeit reagiert äußerst sensibel auf Rassismus. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist das verständlich. Es führt aber nichtsdesoweniger zu absurden Situationen, wenn Rassismus zur dominanten Kategorie wird in Fällen, wo es eigentlich um eine Diskriminierung völlig anderer Art geht. Judith Butler etwa sorgte sich darum, dass Homosexuelle zu wenig vorgingen gegen Antimuslimismus in den eigenen Reihen. Warum gilt ihre Sorge nicht den Muslimen, die zu wenig gegen Homophobie in den eigenen Reihen unternehmen? Was ist wohl realistischerweise als das größere Problem zu sehen - Muslime, die Schwule diskriminieren, oder Schwule, die Muslime diskriminieren? Im Fall von Judith Buter wird die Welt einzig und allein durch die antirassistische Brille gesehen, was im konkreten Fall die Gestalt einer Täter-Opfer-Umkehr annehmen kann.

Wer einmal auf einer Veranstaltung zum Thema Ehrenmord und Zwangsverheiratung gewesen ist, wird mit großer Wahrscheinlichkeit folgende Erfahrung gemacht haben: Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird nicht mehr über vergewaltigte und ermordete Frauen gesprochen, sondern über "Islamophobie". Selbst wenn die Referenten das Thema auf eine völlig korrekte Art und Weise behandeln (was häufig vorkommt), schaffen es in der anschließenden Zuschauerdiskussion beleidigte Muslime und besorgte Nicht-Muslime, dass nun 30-60 Minuten lang über seelische Verletztheiten innerhalb einer Religionsgemeinschaft gesprochen wird und nicht über Mädchen, die von ihrem eigenen Vater verbrannt wurden. Kann man sich eine Veranstaltung zum Thema Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern vorstellen, bei der hauptsächlich über den guten Ruf der Ostdeutschen debattiert wird statt über Opfer rassistischer Gewalt? Trotzdem gelingt es fast immer den genannten Akteuren, die Debatte um "Ehrverbrechen" zu verweigern und stattdessen das Gespräch auf die angeblichen eigentlichen Opfer zurückzulenken. Wieder mal gilt: Nichts kann so schlimm sein wie die Diskriminierung dieser Bevölkerungsgruppe.

Noch nicht einmal die Diskriminierung ihrer eigenen Frauen durch diese Bevölkerungsgruppe selbst.  

Was raucht eigentlich Daniel Bax bei der taz?
31.10.2012 12:31:41

Lesehinweis

Dass das Verhältnis zu Israel so abgekühlt ist, hängt auch mit der sturen Haltung der Netanjahu-Regierung in Jerusalem zusammen, die Erdogan mehrfach brüskiert hat und sich bis heute nicht dafür entschuldigen will, dass mehrere türkische Staatsbürger, die sich an einer Solidaritätsflotte nach Gaza beteiligten, erschossen wurden.
[...]
Ganz falsch ist dagegen der Vorwurf, Erdogan schade der Integration türkischer Migranten und fördere deren „Parallelgesellschaften". Er wird vor allem von rechter Seite in Deutschland erhoben. Dass auch manche Migrantenverbände neuerdings in diesen Tenor einstimmen, ist populistisch und anbiedernd.
http://www.taz.de/Kommentar-Erdogan/!104617/

Siehe auch:
Mehrere tausend Menschen haben am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen die Politik des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstriert.
[...]
Ein Ziel der Demonstranten sei es, gegen den ihrer Meinung nach falschen Integrationsansatz Erdogans zu protestieren, sagte Dogan. Dieser schaffe „Isolationsgesellschaften“. Die Alevitische Gemeinde bezeichnete Erdogan als „Architekten einer Parallelgesellschaft unter türkischen Jugendlichen in Deutschland“. Weitere Kritikpunkte der Aleviten an dem türkischen Ministerpräsidenten sind, dass Erdogan in der Türkei die Menschenrechte verachte und ein Feind von Kurden und Andersgläubigen sei.
http://www.focus.de/intern/archiv/demonstrationen-erdogan-besuch-tausende-demonstranten-vor-brandenburger-tor_aid_850423.html

Peri Verein für Menschenrechte und Integration gedenkt der ermordeten Arzu Özmen
30.10.2012 19:17:00

Pressemitteilung vom 29.10.2012 | 19:59

Peri Verein für Menschenrechte und Integration gedenkt der ermordeten Arzu Özmen

Am 1. November 2011 wurde die damals achtzehnjährige Jesidin Arzu Özmen Opfer eines "Ehrenmordes". Heute, ein Jahr nach der Tat, sind noch längst nicht alle Zusammenhänge restlos aufgeklärt. Zwar wurden im Mai dieses Jahres Urteile gegen Arzus Geschwister gesprochen. Nachdem im September aber die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat, müssen sich nun auch die Eltern von Arzu Özmen vor Gericht verantworten.

Peri Verein für Menschenrechte und Integration gedenkt der Ermordeten, die sterben musste, weil ihre Familie die Beziehung zu einem Nicht-Jesiden nicht tolerierte. Wir mahnen die Öffentlichkeit, sogenannte "Ehrenmorde" nicht als bedauerliche Einzelfälle abzutun. Der Freiburger Psychologie-Professor Jan Ilhan Kizilhan, der sich eingehend mit dem Fall Arzu Özmen befasst hat, kommt richtigerweise zu dem Schluss: "Bei einem Ehrenmörder spielt auch der soziale Konflikt eine Rolle, die Gruppe. Es dreht sich alles um die Frage: Was denken die Verwandten? Sind wir schwach?"

Daher muss in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür entstehen, dass "Ehrenmorde" nur in einem Umfeld möglich sind, das die Tat gutheißt. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die sich mit dem Fall befassten, Opfer von Einschüchterungsversuchen, Gewalt- und Morddrohungen geworden sind. Erschreckend sind auch die zahlreichen, gut dokumentierten Äußerungen, die der Tat zustimmen. Wer, so fragen wir, hat ein Interesse daran, Aufklärung und Berichterstattung zu behindern? Wer stellt sich angesichts eines solchen Verbrechens auf die Seite der Täter?

Die Ehre ist in diesen Kreisen von essentieller Bedeutung und wird höher als ein Menschenleben bewertet. Das "Verbrechen" der Frau, das in freier Entfaltung und einem Verstoß gegen die jesidische Religion sowie Tradition besteht, wird als Angriff auf die ganze jesidische Gemeinschaft verstanden, so dass auch die Gemeinschaft als ganze zum Handeln aufgerufen ist. In der Regel beschließt der Familienrat, was zu tun. Ihre Geschwister, u.a. Kemal und Elvis, wollten begraben, was sie als Unehre der Familie betrachteten. Diese Gewaltanwendung gegen Arzu Özmen ist eine Hinrichtung. Demnach wäre ein offener Vollzug für Kemal und Elvis Özmen, wie er derzeit im Gesspräch ist, ein fataler Rückschritt in der Bekämpfung der "Ehrenmorde". Ein offener Vollzug für Kemal und Elvis Özmen signalisiert nicht nur Arzus Mördern, sondern den Nachahmern der Özmen-Geschwister: "Der Staat schützt die "Ehren"- Täter." Der offene Vollzug ist nur angebracht, wenn Täter sich mit ihrer Tat auseinandergesetzt haben und sie bereuen. Diesen Anschein haben die Geschwister Özmen nicht erweckt. Der offene Vollzug bedeutet eine Begünstigung und wir befürchten, dass er bei den Tätern sowie möglichen Nachahmern den Eindruck erweckt, dass der Staat ein gewisses Verständnis für den archaischen Ehrbegriff dieser patriarchalischen Gesellschaften signalisiert. Bei den bedrohten und gefährdeten Frauen entsteht so der fatale Eindruck, dass der deutsche Staat ihre lebensbedrohende Notlage nicht ernst nimmt.

Peri e. V. verlangt eine lückenlose Aufklärung über die Rolle der Eltern sowie über die Vorgänge innerhalb der Community, der Arzu Özmen entstammt. Nach wie vor fordern wir einen Gedenkstein für Arzu an einer zentralen Stelle, um die Erinnerung an ihre Ermordung wachzuhalten.

Pressekontakt:
Thomas Baader
Pressestelle peri e.V.
Bachgasse 44
D-69469 Weinheim
E-Mail:
kontakt@peri-ev.de
Website:
www.peri-ev.de

Weinheim - Veröffentlicht von pressrelations
Link zur Pressemitteilung:
http://www.pressrelations.de/new/standard/dereferrer.cfm?r=512352

Gedenken an Arzu Özmen
27.10.2012 19:00:58

Lesehinweis

„Der Todestag von Arzu nähert sich so langsam. Aber in unseren Herzen lebt sie weiter. Lasst uns dort, wo wir die erste spontane Trauer herausgelassen haben, an dem Sonntag Abend im Januar vor der Bäckerei Müller in Detmold, ihrer noch einmal am 01.11.2012 gedenken. Lasst uns um 12 Uhr mittags treffen zum Blumen und Kerzen niederlegen und zum gemeinsamen Gedenken. Lasst uns ein Zeichen setzen, dass Arzu nicht vergessen ist und gleichzeitig für eine bessere Zukunft anmahnen....“

Mehr dazu auf der Facebook- Seite „Arzu Lena Özmen“.

Gegen die Verheiratung von Kindern!
26.10.2012 21:56:31
Lesehinweis

Mit schockierenden Bildern:
To mark the occasion and draw attention to the problem of child brides, photojournalist Stephanie Sinclair teamed up with National Geographic to create  a series of heart-breaking photos depicting girls as young as five years old being married off to middle-aged men in countries like India, Yemen and Ethiopia.
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2216553/International-Day-Girl-Child-2012-Devastating-images-terrifying-world-child-brides.html

Und unter dem Artikel verleiten Bilder von Hochzeiten, die Tattergreise mit achtjähirgen oder elfjährigen Mädchen schließen, zu folgenden geistreichen Leserkommentaren:

"The only thing shocking, is the blinkered White Anglo Saxon Protestant views of Daily Mail readers. What ever next? Let's attack Rastafari because they 'take evil drugs' Different does not mean wrong!"

"I love how narrow minded everyone is...apparently all of you have no respect for other cultures. Off you pop to the good old USA ignoramuses. This is what's wrong with the world a lack of tolerance and understanding of others"

"Repulsive to us, but do we really have a right to foist our morals onto other cultures and societies. I wonder how they view us with our same-sex marraiges etc. We in the West always seem to assume that WE are right and everybody else is in the wrong."
Peri im WDR!
22.10.2012 19:44:55

TV-Tipp

Ich habe 800 Töchter“ - Serap Cileli

15 Jahre Kampf gegen Zwangsheirat und Ehrenmord

* SendeterminDonnerstag, 25. Oktober 2012, 22.00 - 22.30 Uhr.

Die erfolgreiche Buchautorin und Frauenrechtlerin ist selber als 15-Jährige gegen ihren Willen verheiratet worden. Seit vielen Jahren hilft sie anderen betroffenen Mädchen, jungen Frauen und auch jungen Paaren. frauTV berichtet über das Engagement von Serap Cileli. Und über die Mitglieder ihres Vereins peri e.V., die Mädchen auf der Flucht als „Ersatzfamilien“ Schutz und Geborgenheit geben. Zwei junge Frauen erzählen ihre Geschichten, über die Hilfe, die sie erhalten haben und warum sie aus ihrem Elternhaus geflüchtet sind. Serap Cileli erzählt, was sich in den 15 Jahren ihres politischen
Engagements gegen Zwangsheirat und Ehrenmord verändert hat.

http://www.wdr.de/tv/frautv/sendungsbeitraege/2012/1025/thema_1.jsp

Islamophobie - Parallele in den Abgrund
22.10.2012 19:30:46

Islamophobie - Parallele in den Abgrund
von Oliver M. Piecha und Thomas von der Osten-Sacken

Islamistische Lobbies haben den Begriff der "Islamophobie" konstruiert, um ihn mit dem des Antisemitismus zu parallelisieren. Westliche Intellektuelle machen sich zu Nachbetern dieser Ideologie.

Holland, die Schweiz und sogar das nette Dänemark; es scheint tatsächlich mehr als besorgniserregend: europäische Parteien stacheln "anti-muslimische Ressentiments" auf und versuchen mit "Islamophobie" Wählerstimmen einzuheimsen. Der Trend erinnert an "den Beginn der 1930er Jahre, als Antisemitismus, Faschismus und Nazismus politisch auf der Tagesordnung standen".

Wer hat das gesagt? Wolfgang Benz, der Urheber der hiesigen Islamophobie-Debatte (hier verficht er die These auf Muslim-Markt)? Einer der anderen jüngsten Verteidiger dieses ominösen Begriffes, Micha Brumlik (hier seine Verteidigung Benz' in der FR) vielleicht, oder Alan Posener (hier)? Oder stand es im jüngsten Critical-whiteness-post-colonial-studies-Aufsatzband?  Das Seltsame ist, sie alle hätten es so sagen können, das mahnende Wort gegen "Islamophobie" kommt allerdings von Ekmeleddin Ihsanoglu, dem Chef der "Organisation der Islamischen Konferenz", also dem Dachverband von 57 islamischen Staaten, der auch ein Islamophobia Observatory unterhält.

Wer so redet, der sollte jedenfalls wissen, wovon er spricht. Es geht also um das Ganze, wir alle wissen, was nach dem "Beginn der 1930er Jahre" folgte; Machtergreifung, "Reichskristallnacht", Auschwitz. Wie gut, dass  Ihsanoglus Stellvertreter, ein Herr namens  Abdullah Alam, zeitgleich im Oktober 2010 noch präzisierte, es gehe um "zionistische Verschwörungen" und alle muslimischen Nationen aufrief, sich gegen die "Feinde des Islam" zu vereinigen.

Aber so etwas anzuführen ist womöglich nicht nur polemisch, sondern selbst schon ein wenig "islamophob".

Farid Hafez hat im Perlentaucher Pascal Bruckner vorgeworfen, er "degradiere" und "missbrauche" die "Islamophobie" als Kampfbegriff (hier Bruckners Perlentaucher-Artikel). Hafez findet es vor allem nicht korrekt, dass Bruckner auf den interessengeleiteten Ursprung des Begriffes hinweist: er liegt in der "Islamischen Republik Iran". Dort hat man übrigens mittlerweile auch schon die "Iranophobie" entdeckt, und die - kein Witz - "Shiitephobia".

Es soll also dezidiert nicht interessieren, wie und dass das Konstrukt der "Islamophobie" durch bestimmte Staaten und islamistische Interessengruppen genutzt wird, und durchgesetzt werden soll. Wir sollen auch besser keinen Blick darauf werfen, für welche politischen Absichten dieser Begriff in die Welt gesetzt worden ist. Wieso eigentlich nicht? Den staatlichen Verfechtern des Konstrukts der "Islamophobie" geht es doch um Deutungshoheit und Denkverbote. Am liebsten würden sie mittels der UN erreichen, dass Kritisches zum Islam weltweit geächtet wird. Um nichts anderes dreht es sich hier. Pascal Bruckner hat das Wesentliche dazu gesagt.

Aber warum findet die "Islamophobie" neben islamistischen Propagandisten und Vertretern autoritärer Regierungen auch im Westen zunehmend rührige Vertreter? Und warum speziell auch in Deutschland? Es könnte ja zusätzlich irritieren, dass die überwiegende Mehrzahl der Befürworter dieses Begriffskonstrukts sich wohl selbst als links einstufen würde, vielleicht auch als liberal, jedenfalls bestimmt tolerant, weltoffen, aufgeklärt antirassistisch und mit wachem, kritischem Blick versehen. Warum wollen sie alle die "Islamophobie" so unbedingt nach Hause tragen?

Zuerst einmal muss der Begriff allerdings stubenrein gemacht werden, zu deutlich ist sein Herkommen. Das Verfahren dabei ist etwas simpel: Da der Begriff des "Antisemitismus" ursprünglich durch Antisemiten erfunden worden ist, sollte man also der "Islamophobie" ihre Herkunft auch nicht vorwerfen dürfen. Und es gibt sie schließlich wirklich, die Islamophobie, oder?

Was es jedenfalls gibt, ein Blick auf den grundsätzlich in diesem Zusammenhang immer und immer wieder angeführten Blog Political Incorrect beweist es ebenso wie die Online-Leserkommentare etwa der Welt, es existiert ohne Frage ein Rassismus der sich gezielt gegen Muslime richtet. Er bleibt allerdings ein letztlich randständiger Bereich, der sich ja gerade dadurch manifestiert, dass hier viele Einzelkämpfer sich gegenseitig ihre Blogs voll schreiben und bizarrerweise selbst längst eifriger Suren studieren, als ein durchschnittlicher gläubiger Muslim.

Ginge es nur um eine Abgrenzung vom arg strapazierten Begriff des Rassismus, man könnte dem Unterfangen der "Islamophobie" ja noch gelindes Verständnis entgegen bringen. Längst nämlich ist "Rassismus" zu einer Floskel verkommen, die gegen alle und jede in Anschlag gebracht werden kann. Was jedoch diesen "muslimfeindlichen" Rassismus so spezifisch von jenem unterscheiden soll, der sich in den neunziger Jahren in regelrechten Pogromen gegen "Asylanten" entlud, das bleibt unklar. Und der Fall der 2009 in einem Dresdner Gerichtssaal ermordeten Ägypterin Marwa El-Sherbini steht nicht nur wegen der Bestialität der Tat singulär da. Das zeigte sich auch in der umgehenden und intensiven propagandistischen Instrumentalisierung des Falles durch islamische Länder. Es gibt eben keine antimuslimischen Pogrome in Europa. Wir könnten es sonst täglich auf den Newsportalen der "Islamischen Republik Iran" lesen.

Was es allerdings gibt, das ist ein Kulturkampf, den keineswegs Samuel Huntington erfunden hat, sondern der vom Islamismus den offenen Gesellschaften des Westens wie den freiheitlichen Regungen im islamisch geprägten Teil der Welt erklärt worden ist. Als Ausgangsdatum mag man das Jahr 1979 nehmen, mit der Revolution im Iran und dem, was aus ihr geworden ist. Und in diesem Kampf geht es um ganz konkrete Dinge, wie die schleichende Etablierung von Geschlechterapartheid in westlichen Gesellschaften und die Erringung einer Art Sonderstellung für "den Islam", kurz die Etablierung der Scharia als Alternative zu weltlichen Gesetzen. Und bisher war das einigermaßen erfolgreich für den Islamismus. Der Angriff auf die Meinungsfreiheit hat längst zu einer Selbstzensur im Westen geführt - und der Begriff der "Islamophobie" soll sie weiter zementieren.  Islamkritik, wie auch immer sie sich äußert, kann heute auch in Europa tödliche Folgen haben. Das Schicksal von Theo van Gogh vor Augen, überlegt man sich dieser Tage lieber zweimal, wie heftig man den Islam und seinen Propheten denn kritisieren mag.

Nehmen wir einen weiteren seltsamen Umstand hinzu: Der potenziell beleidigte Muslim schafft politischen Mehrwert. Der real verfolgte Christ nicht. Interessanterweise spricht niemand - und schon gar nicht die Entdecker der "Islamophobie" - von, sagen wir, Christophobie. Immerhin sind Christen weltweit die am meisten bedrängte religiöse Gruppe (mit Ausnahme der Bahais im Iran). Verfolgt und diskriminiert vor allem, aber nicht nur, in sehr vielen muslimischen Ländern. Ein Zufall?

Worin liegt also der politische Mehrwert der "Islamophobie"?

Zuerst einmal in dem Umstand, dass für die Verfechter dieses Konstrukts ihre kleine heile Welt wieder ins rechte Lot rutscht. Natürlich ist es irritierend, dass Rechtspopulisten im Zeichen ihrer Islamobsession plötzlich die Liebe zu Israel entdecken, und Meinungsfreiheit und Frauenemanzipation als abendländische Errungenschaften feiern. Und man selbst als aufrechter Linker und Antirassist sich dagegen mittlerweile Seite an Seite mit Islamisten und reaktionären Klerikern wiederfindet und für Kopftücher und religiöse Zwangsidentitäten einstehen muss. Aber wenn es denn so etwas wie "Islamophobie" gibt, dann ist der eigene Kampf auch hier wieder ein aufrechter.

Aber es geht um noch mehr; schließlich soll die "Islamophobie" keinesfalls nur als ein Rassismus unter anderen erscheinen. Nein, sie muss gleich ganz wo anders verankert werden, denn wer sie nicht irgendwie mit Antisemitismus vergleicht, in Verbindung bringt oder doch zumindest abgrenzt, hat die Spielregeln nicht verstanden. "Ist Islamophobie der moderne Antisemitismus?" fragt deshalb treffsicher Micha Brumlik in der Frankfurter Rundschau. Er hat verstanden. Alleine schon der Vergleich selbst verschafft dem Begriff nämlich eine Bedeutung, ja Aura, die er alleine so keineswegs hätte. Und so mussten sich gerade in Deutschland die Antisemitismusforscher seiner annehmen, um ihn hoffähig machen zu können. Auf einer Tagung in Tutzing, die ausgerechnet vom Moses-Mendelssohn-Zentrum mit veranstaltet wird (Programm), werden sich die Referenten im Januar laut Einladung etwa den "Vorurteilen gegen Juden und Muslimen widmen", um "Möglichkeiten und Grenzen des Vergleichs auszuloten".

Die "wissenschaftliche" Beweisführung dabei ist arg dünn. Man vergleicht historisch. Und man sagt gleich immer dazu, dass man natürlich vergleichen dürfe. Es klingt nicht umsonst nach jener fürchterlichen Sprachfigur, die früher gang und gebe war: Man wird doch noch sagen dürfen, dass?

Tatsächlich kann man alles Mögliche miteinander vergleichen, die Methode allein ist nicht besonders ergiebig und trägt nicht weit. Und die Erkenntnis? Als Kurzfassung: Treitschke hat früher was gegen Juden gesagt, Sarrazin heute gegen Muslims, ergo? Vollenden Sie den Satz selbst. (Für Patrick Bahners, Feuilletonchef der FAZ, ist Necla Kelek der Treitschke des 21. Jahrhunderts, mehr hier, in seinem im Februar erscheinenden Buch gegen "Die Republik der Islamkritiker" wird er die These zementieren.)

Wer sich heutzutage nurmehr in diskurstheoretischen Äußerungen über Feindbildkonstruktionen und "Vorurteile" auslassen kann, behauptet damit von sich nicht einmal mehr, einen Begriff von Gesellschaft zu haben. Die so genannte Judenfrage war im 19. Jahrhundert eine um die Verfasstheit bürgerlicher Gesellschaft selbst. Allgemeine Emanzipation, so die Forderung zu vieler Aufklärer, habe die Juden zu Staatsbürgern zu machen, ihr Sonderstatus müsse beseitigt werden. Freiheit sollte eine seine, in der jede vormoderne, vor allem religiös begründete Differenz zu eliminieren sei. Dass ausgerechnet die Juden ins Zentrum dieser Debatte gerieten, ja von Voltaire bis Treitschke sich die Geistesgrößen des 18. und 19. Jahrhunderts manisch an ihnen abarbeiteten, ist zugleich nicht nur verheerend für die Juden gewesen, sondern zeigte immer auch die Grenzen der bürgerlichen Emanzipation auf. Ihr Misslingen machte die Vernichtung der Juden im Jahrhundert danach erst möglich. Suchte man diskriminierte Gruppen im vorletzten Jahrhundert, man könnte sich den Polen in Deutschland oder Protestanten in Frankreich zuwenden und ihre Lage mit europäischen Muslimen der Gegenwart vergleichen. Dabei ginge es dann tatsächlich um Fragen nach "Vorurteilen" und parziell rassistischer und/oder religiöser Diskriminierung. Das allerdings lockte keinen Hund hinter dem Ofen hervor.

Bei einem wirklichen "historischen" Vergleichen wären die Unterschiede zwischen "damals" und heute so himmelschreiend, dass man den Vergleich gar nicht erst beginnen würde. Es sei denn, man folgt einer politischen Agenda und nicht dem Erkenntnisinteresse.

Die Konflikte zwischen Islamismus und einer offenen Gesellschaft sind real. Sie sind keine Projektion. Dass ein Ideologe wie der türkische Außenminister über eine Islamisierung Europas nachdenkt, kann man ebenso nachlesen, wie den hybriden Anspruch längst deutschsprachiger Jihadisten, als "Muslim" dem schmutzigen "Kuffar" unendlich überlegen zu sein. Es gibt nicht zuletzt islamische Staaten, die massiv "islamische" Interessen auch und gerade in Ländern des Westens vertreten, mit Geld und Propaganda. Das wiederum sollte keineswegs zum Rückkehrschluss verleiten, dass jeder Muslim, und damit sind Menschen gemeint, die sich selbst auch als gläubig verstehen, und nicht nur aus islamisch dominierten Ländern stammen, nun die Islamisierung Europas vorantreiben wollte. Aber islamische Kleriker, Politiker und Ideologen, die vor allem den globalen Anspruch ihres "Islam" unterstreichen, sind Legion. Sie haben in den letzten dreißig Jahren beispielsweise das Kopftuch überhaupt erst zu dem politischen Symbol aufgeblasen, an dem Kritik fortan als "islamophob" unterdrückt werden soll.

Vergleichen wir noch einmal kurz: Wo waren sie eigentlich damals, 1871ff. die jüdischen Mächte und Pressure Groups? Wer hat je von lautstarken jüdischen Forderungen nach kultureller Sensibilität der jüdischen Kultur gegenüber gehört, der sich die Nichtjuden notfalls eben anzupassen hätten? Von Forderungen zumindest einzelner Rabbis nach jüdischer Weltherrschaft?

Nun, Vorstellungen davon waren durchaus existent -  in den Köpfen der Antisemiten, das ist der Witz dabei. Tatsächlich wollten sich die Juden in Deutschland nachgerade verzweifelt assimilieren. Aber das hat den Antisemiten nie interessiert. Der Jude sollte sich nicht integrieren. Er sollte aus Prinzip verschwinden. Das hat mit "Vorurteilen" rein gar nichts zu tun.

Und hier schließt sich der Kreis; je drängender auf "Islamophobie" als neuer Realität insistiert wird, desto "normaler" erscheint zugleich der Antisemitismus. Die "Dialektik der Aufklärung" wird dem Vergessen anheim gegeben. Als Besonderheit des Antisemitismus soll nicht mehr der wahnhafte Vernichtungsdrang zu erkennen sein, der ihn grundsätzlich vom "normalen" Rassismus unterscheidet, und immer unterschieden hat. Er wird einfach zum Vorurteil unter anderen Vorurteilen umdeklariert, der Überlebende von Auschwitz wird zum Diskriminierten neben anderen Diskriminierten. Wenn der "Jude von heute" endlich ein Muslim von nebenan ist, braucht man über eliminatorischen Antisemitismus nicht mehr sprechen - auch nicht über den zeitgenössischen, der etwa von Teheran aus die Vernichtung Israels propagiert und tatkräftig vorbereitet. Sicher, die Schrecken des 20. Jahrhunderts werden damit irgendwie wieder handhabbar. Ginge es nur um Vorurteile, dann hätte Auschwitz mit gut gemeinter pädagogischer Aufklärung verhindert werden können.

So bedient der Begriff der Islamophobie kongenial ganz unterschiedliche Bedürfnisse, denen eines gemein ist: mit Emanzipation haben sie nichts am Hut, und ebenso auffällig ist das Fehlen jedweder Empathie mit den Menschen, in deren Namen man da angeblich spricht. Der reale Muslim, ebenso wie die anderen vermeintlich "Diskriminierten", geraten zum reinen Spielmaterial des Diskurses.

Der Artikel erschien zuerst im "Perlentaucher":
http://www.perlentaucher.de/essay/islamophobie-parallele-in-den-abgrund.html

Todenhöfer: Gute und böse Taliban
18.10.2012 20:38:56

Todenhöfer: Gute und böse Taliban
von Thomas Baader

Jürgen Todenhöfer hat sich erneut als erstrangige Quelle der Fehlinformation erwiesen, wenn es um die Verhältnisse in der islamischen Welt geht. Der Experte, der im Februar 2011 in der Sendung "Maybrit Illner" davon sprach, die ägyptischen Muslimbrüder würden bei den nächsten Wahlen maximal 20% erhalten, der begeistert und zustimmed den früheren ägyptischen Religionsminister Mahmut Zakzouk zitiert (welcher die Todesstrafe für Apostaten für gerechtfertigt hält) und der entgegen des Berichts der vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzten Syrien-Untersuchungskommission behauptet, das Massaker von Hula in Syrien sei von Rebellen und nicht von Regierungstruppen verübt worden - dieser Experte hat nun wieder zugeschlagen.

Diese Woche ging es bei Anne Will um Afghanistan:

http://www.ardmediathek.de/das-erste/anne-will/auslandseinsatz-afghanistan-war-es-die-opfer-wert?documentId=12158504#

Relativ am Ende Sendung kommt es nach einem Einspieler, der von Mädchenschulen in Afghanistan handelt, im Studio zur folgenden Situation: Anne Will fragt Jürgen Todenhöfer: "Wenn die Truppen abgezogen sind und die Taliban dann teilweise die Macht wieder übernehmen, werden diese Mädchen dann noch zur Schule gehen können?"

Entschieden antwortet Todenhöfer: "Ja". Und auf Nachfrage nochmal: "Ja, natürlich." Dann erklärt Todenhöfer, dass er auch die New York Times lese, die ausführlich darüber berichtet habe, dass in Afghanistan in von den Taliban beherrschten Gebieten längst wieder Mädchen unterrichtet würden. Außerdem glaubt Todenhöfer bereitwillig den Versicherungen führender Taliban, dass man das in Zukunft flächendeckend machen werde.

Verteidigungsminister Thomas De Maziere widerspricht und weist darauf hin, dass die Taliban gerade kürzlich erst ein vierzehnjähriges Mädchen angeschossen haben, weil es sich für das Recht von Mädchen auf Schulbesuch eingesetzt hat.

Darauf Todenhöfer: "In Pakistan! Jetzt verwechseln Sie schon die Länder."

Todenhöfer versucht sich also am Entwurf des Bildes "Gute pakistanische Taliban, böse afghanische Taliban". Todenhöfer wörtlich: "Es gibt afghanische Taliban, die nationale Widerstandskämpfer sind, und es gibt pakistanische Taliban, die diesen Anschlag begangen haben, die ich für Kriminelle halte, die eine völlig andere Organisation sind. [...] Und ich weiß, dass die Taliban in Afghanistan den Schulbesuch der Mädchen erlauben werden." Leider aber hat Todenhöfer selbst die Länder verwechselt, denn im Artikel der New York Times, auf den er sich bezieht, liest sich das so:

"Girls in the Swat Valley of Pakistan, where the Taliban once declared a ban on female education, can attend school, but they must wear veils that cover their heads and faces, a top official said Monday."
http://www.nytimes.com/2009/03/02/world/asia/02iht-pakistan.1.20523678.html?_r=0

Das, was Todenhöfer dem Verteidigungsminister vorwirft - Aktionen der pakistanischen und der afghanischen Taliban miteinander zu verwechseln -, ist also Todenhöfer selber widerfahren. Die New York Times berichtete darüber, dass in Pakistan (nicht in Afghanistan) Mädchen wieder zu Schule gehen.

Der in der Sendung anwesende Omid Nouripour bestätigt zwar, dass es Teile (!) der Taliban in Afghanistan gibt, die den Schulbesuch von Mädchen tatsächlich erlauben wollen - womit freilich noch nichts darüber ausgesagt ist, ob dieser kompromissbereite Teil der Taliban sich gegen den anderen durchsetzen wird und ob man diesen Beteuerungen überhaupt Glauben schenken darf. Und dort, so Nouripours Ausführungen, wo es tatsächlich verwirklicht wurde, geht es den Taliban weniger um die Bildung der Mädchen, sondern um die Indokrination mit fundamentalistischem Gedankengut(Nouripour: "Koranauslegung aus der Steinzeit"). Außerdem sei mit dem Schulbesuch der Mädchen sowieso sofort Schluss, sobald die Pubertät erreicht sei.

Andere Bericht bestätigen Nouripours diesbezügliche Ausführungen:

"The Taliban edict insists schoolgirls and teachers wear the hijab and study only subjects in keeping with religious and cultural values (extreme fundamentalist ones)."
http://www.cbc.ca/news/world/story/2011/03/30/f-vp-stewart-afghanistan.html

Halten wir als Ergebnisse fest:

- Experte Jürgen Todenhöfer hält einen Bericht der New York Times über die Aktivitäten von pakistanischen Taliban für einen Bericht über die Aktivitäten von afghanischen Taliban.
- Experte Jürgen Todenhöfer hält die pakistanische Variante für Kriminelle, die afghanische für "nationale Widerstandskämpfer". Es mag Herrn Todenhöfer aber entgangen sein, dass diese nicht-kriminellen Widerstandskämpder aus Afghanistan vielleicht keiner Vierzehnjährigen in den Kopf geschossen haben - dafür haben sie aber einen achtjährigen Jungen als "Spion" erhängt und einer Achtzehnjährigen die Nase abgschnitten.
- Bei seiner sauberen Trennung zwischen den beiden von ihm wahrgenommenen Taliban-Flügeln ist Todenhöfer zudem auch entgangen, dass zahlreiche Taliban, die in Afghanistan operieren, sowieso pakistanischer Herkunft sind.

Man darf auf die nächste Expertenaussage gespannt sein.

Solidarität von Menschenrechtlern mit Heinz Buschkowsky!
17.10.2012 11:22:57

Pressemitteilung vom 16.10.2012 | 18:34

Solidarität von Menschenrechtlern mit Heinz Buschkowsky!

Peri e. V. fordert das Ende einer schmutzigen Diffamierungskampagne

Peri Verein für Menschenrechte und Integration e. V. hat sich eingehend mit dem Buch "Neukölln ist überall" von Heinz Buschkowsky auseinandergesetzt und es einer kritischen Analyse unterzogen. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass wir die in dem Buch zum Ausdruck kommenden Befunde weitestgehend teilen. Einzelne Problembereiche sind bei Buschkowsky sogar keineswegs, wie gerne behauptet, überspitzt dargestellt, sondern eher noch viel zurückhaltend. Die in dem Buch genannten Lösungsvorschläge treffen zwar nicht ausnahmslos, aber doch mehrheitlich auf unsere Zustimmung.

Mit großer Sorge hingegen betrachten wir die Mechanismen der Diffamierung, die die öffentliche Debatte um das Buch dominieren. Während durch die Art der Äußerungen häufig offensichtlich ist, dass viele "Kritiker" das Buch nicht gelesen haben, herrscht gleichzeitig bei nicht wenigen Politikern, Journalisten und Wissenschaftlern ein gehässiger und von Unsachlichkeit gekennzeichneter Tonfall vor. Die Diffamierung, die Menschen ertragen müssen, die auf Probleme hinweisen, hat mittlerweile ein unerträgliches Ausmaß angenommen - Buschkowsky ist in dieser Hinsicht leider kein Einzelfall. Heinz Buschkwosky ernsthaft Rassismus unterstellen zu wollen, lässt sich nur noch entweder mit bewusster Bösartigkeit seitens seiner "Kritiker" oder aber mit einem Mangel an Lesekompetenz erklären.

In diesem Zusammenhang sind die Äußerungen der Soziologin Naika Foroutan, des SPD-Politikers Aziz Bozkurt und des grünen Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz besonders hervorzuheben, deren Rassismusvorwürfe in einem krassen Missverhältnis zu ihrem eigenen Schweigen zu sogenannten "Ehrverbrechen" und der Unterdrückung von Frauen in bestimmten Einwanderermilieus stehen. Bozkurts Breivik-Vergleich muss als bewusst eingesetzte Niederträchtigkeit eingestuft werden, zumal als Beleg Äußerungen angeführt werden, die völlig sinnentstellend aus dem Zusammenhang gerissen sind. Foroutan, Bozkurt und Schulz sind in der Vergangenheit nicht durch ein besonderes Engagement für die Opfer von Ehrenmord, Zwangsheirat und häuslicher Gewalt aufgefallen. Mit Formulierungen wie "Der weiße privilegierte Buschkowsky" rückt sich zudem Aziz Bozkurt selbst sehr viel mehr in die Nähe rassistischen Gedankengutes, als es einem "Antirassisten" gut zu Gesicht stehen würde. Die "AG Integration und Vielfalt" der Berliner SPD, der Bozkurt vorsteht, thematisiert auf ihrer Website in keiner einzigen ihrer zahlreichen öffentlichen Mitteilungen die auf antimodernen Rollen- und Ehrvorstellungen beruhenden Missstände und Gewalttaten bei bestimmten Einwanderergruppen. Das Ziel einer Gleichberechtigung der Geschlechter hat man in den Reihen der Buschkowsky-Gegner offenbar bereits aufgegeben. Stattdessen wird Schönwetter-Migrationspolitik gemacht und ein permanenter Opfer-Diskurs gepflegt.

Die hinter der Diffamierungskampagne stehende Absicht ist klar: Die Tatsache, dass Verhalten von Erziehung abhängig ist und Erziehung sich wiederum an kulturellen Werten orientiert, soll bewusst kleingeredet werden, als ob es sich dabei nicht um eine völlig unstrittige Selbstverständlichkeit handelte. Natürlich müssen in der Integrationsdebatte kulturell und religiös bedingte Überzeugungen als Faktoren stets berücksichtigt werden. Peri Verein für Menschenrechte und Integration e. V. kann durch seine praxisbezogene Arbeit, die junge Menschen (meist Frauen mit muslimischem Hintergrund) aus demütigenden und oftmals lebensgefährlichen Situationen befreit, Heinz Buschkowskys Befunde in großen Teilen bestätigen und sieht sich in eben dieser wichtigen Arbeit durch "Kritiker" der genannten Art behindert. Serap Cileli, Vorsitzende von Peri e. V., stellt daher klar: "Nicht Heinz Buschkowskys Buch ist ein Skandal, sondern die Art und Weise, wie Beschwichtiger und Verharmloser mit ihren ehrverletzenden Äußerungen auf das Buch reagieren. Leidtragende sind die Schwächsten unter den Migranten."

Peri e. V. erklärt sich solidarisch mit Herrn Heinz Buschkowsky und verurteilt scharf die polemischen und größtenteils auf Unwahrheiten beruhenden Versuche öffentlicher Personen, unangenehme Debatten zu unterbinden und missliebige Personen zu stigmatisieren.

Thomas Baader
Pressestelle peri e.V.
Bachgasse 44
D-69469 Weinheim
E-Mail:
kontakt@peri-ev.de
Website:
www.peri-ev.de

Weinheim - Veröffentlicht von pressrelationsLink zur Pressemitteilung: http://www.pressrelations.de/new/standard/dereferrer.cfm?r=510991

Mein neuer Buschkowsky-Artikel im "Tagesspiegel"
16.10.2012 19:21:10

Mein neuer Buschkowsky-Artikel im "Tagesspiegel"
von Thomas Baader

Meinen neuesten Debatten-Beitrag zum Thema Buschkwosky hat dankenswerterweise der "Tagesspiegel" veröffentlicht.

Hier die Links:

Seite 1:
http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/gastkommentar-wir-brauchen-mehr-buschkowskys/7262304.html

Seite 2:
http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/gastkommentar-die-kuenstliche-drohkulisse-der-selbsternannten-antirassisten/7262304-2.html

Ein kleiner Auszug:

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Wie kann ein Bürgermeister nur so über seinen Bezirk schreiben? Diese Art der Kritik enthält alle Elemente einer klassischen Verräterdebatte: Ein Bezirksbürgermeister spricht bitteschön nur Gutes über "seine" Leute. Ebenso soll eine Soziologin oder eine Frauenrechtlerin, die Angehörige einer Minderheit ist, doch unter gar keinen Umständen ein schlechtes Wort über eben diese Minderheit verlieren. Tut sie es doch, so kann es passieren, dass ein Feuilletonist sie als "überangepasst" oder "radikalsäkularisiert" bezeichnet - was für einige Geister offenbar das Schlimmste ist, was eine Migrantin überhaupt sein könnte. Und auch jener Lehrer, der sich bei Bekanntwerden der Missbrauchsvorfälle an der Odenwaldschule konsequent auf die Seite der Opfer stellte, galt einigen seiner Kollegen als "Judas" und "Nestbeschmutzer".
All den genannten Fällen ist gemeinsam, dass der Ruf und das Ansehen einer Gemeinschaft von Menschen offenbar mehr zählt als das, was einzelne Angehörige dieser Gemeinschaft erleiden. Entsprechend emotional reagiert man auf den Unruhestifter, der die Botschaft verkündet: "Bei uns ist nicht alles in Ordnung." Wir brauchen viel mehr dieser Verräter. Man sollte "Nestbeschmutzer" zum nächsten Unwort des Jahres erklären.
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Die Angst der Taliban vor einer Vierzehnjährigen
13.10.2012 10:26:19

Lesehinweis

Die Kugeln vom 9. Oktober sind bei einer nüchternen Betrachtungsweise jedoch auch ein Alptraum für die Taliban. Und das hat nichts mit dem Umstand zu tun, dass Malala noch lebt. Stattdessen zeigt der Mordanschlag einmal mehr, wie tief die Islamisten, die einst gegen die Rote Armee kämpften, auf der Zivilisationsleiter gesunken sind. Inzwischen dürften sie den stinkenden Sumpf erreicht haben, in dem die Geister ehemaliger KZ-Wärter herumspuken.
Wie unermesslich groß ist die Feigheit des Mannes, der eine Waffe auf ein wehrloses Mädchen richtet? Nein, kein Mann: Ein Waschlappen. Der Täter – angeblich ein Exekutor des göttlichen Willens – kann meines Erachtens nur hoffen, dass es „seinen“ Allah nicht gibt.
http://www.liberteblog.de/2012/10/12/die-angst-der-taliban-tragt-einen-namen-malala-yousafzai/

Der Schlaf der Vernunft gebiert Leserbriefe
11.10.2012 10:15:42

Der Schlaf der Vernunft gebiert Leserbriefe
von Thomas Baader

Wenn man, so wie ich, hin und wieder einen Artikel schreibt, kriegt man hin und wieder auch Rückmeldungen. Darüber freue ich mich. Im MRF-Forum können Leser den Kommentarbereich nutzen; erscheinen meine Beiträge auf der "Achse des Guten", gehen dort hin und wieder Leserbriefe ein, die Herr Broder freundlicherweise an mich weiterleitet.

Neben den konstruktiven Kritiken gibt es aber auch Reaktionen, die bei mir ein leichtes Schmunzeln auslösen. So zum Beispiel die Schreiben jener Zeitgenossen, in denen es heißt: Ja, es stimmt ja, was Sie schreiben, aber sowas zu sagen ist nicht in Ordnung. Oder diejenigen, die der Ansicht sind, ausformulierte Empörung sei ein guter Ersatz für auf Argumenten beruhenden rationalen Diskurs. Das Motto "Ich habe sehr viel Wut in mir, wozu brauche in dann einen Verstand" erfreut sich dieser Tage wieder großer Beliebtheit. Befreit von der Notwendigkeit zu argumentieren oder überhaupt auch nur ein Mindestmaß an Nachvollziehbarkeit gewährleisten zu müssen, gefällt sich der eine oder andere in der Rolle des intellektuellen Schwätzers, wobei freilich der Zusatz "intellektuell" eher theoretischer Natur ist.

Wer sich jetzt übrigens jetzt gerade beleidigt fühlt, den habe ich wohl unterschätzt, denn er beweist zumindest schon mal die Fähigkeit, sich selbst auf der Grundlage meiner Beschreibung wiederzuererkennen.

Wenn jemand mit Hyperventilieren beschäftigt ist oder aus gerechtem Zorn gerade in die Tastatur beißt, ist es für mich natürlich etwas schwierig, dieser Person Inhalte zu vermitteln. Manchmal versuche ich es trotzdem, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dazu gehört dann, dass ich darauf verweise, was man bei Peri e. V. macht.

Was macht man nun eigentlich bei Peri e.V.? Ja, hin und wieder fragen mich Menschen das tatsächlich. Ich verweise dann auf die Website. Nun gibt es aber auch Menschen, die Angst davor haben, Opfer von zu viel Bildung zu werden, und grundsätzlich keine Website lesen. Also: Peri betreut Menschen mit meist muslimischen Migrationshintergrund, die Opfer von häuslicher Gewalt und patriarchalisch geprägten Unterdrückungsmechanismen werden. Wir kümmern uns beispielsweise um Betreuung, Aufnahme und Unterbringung von Menschen, die von Ehrenmord, Zwangsheirat oder anderer Formen von Gewalt bedroht sind. Der Verein leistet auch aktive Fluchthilfe. Ein Großteil der Betroffenen sind Frauen. Manchmal gibt es aber auch Fälle wie den homosexuellen männlichen Muslim, der sich vor seiner Familie verstecken muss, die ihm nach dem Leben trachtet.

Wissen Sie eigentlich, liebe Leserbriefschreiber, was wirklich das Gegenteil von Rassismus ist? Nein, nicht Ihre selbstgerechten Wutbriefe, die niemandem etwas nützen außer Ihrem Ego. Das Gegenteil von Rassismus ist, wenn man die Ansicht vertritt, dass grundlegende Menschenrechte nicht nur für die Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft gelten. Rassismus liegt hingegen vor, wenn man der Ansicht ist, "bei denen" soll sich möglichst nichts ändern. In diesem Sinne findet man in den Reihen der Buschkowsky-Gegner viele verkappte Rassisten, die sich ihrer Ressentiments nicht selbst bewusst sind.

Aber dafür wissen Sie, wie man Emails verschickt. Und wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Warum ich jetzt noch einmal etwas zu Naika Foroutan schreibe
08.10.2012 23:16:22

Warum ich jetzt noch einmal etwas zu Naika Foroutan schreibe
von Thomas Baader

Ich dachte ja eigentlich, zum Buschkowsky-Artikel von Naika Foroutan im SPIEGEL hätte ich alles Wesentliche gesagt. Da mich nun einige Nachfragen und Bitten um Konkretisierung erreicht haben, muss ich wohl etwas weiter ausholen.

Auf gerade mal zwei Seiten Text verwendet Naika Foroutan neunmal das Wort "rassistisch" bzw. "Rassismus". Im Sinne einer klassischen Textanalyse würde man wohl sagen, dass Foroutan durch ständiges Wiederholen bestimmter Schlüsselbegriffe den Leser auf einer emotionalen Ebene ansprechen und somit von der Dürftigkeit ihrer Argumentation ablenken möchte. Wer so schreibt wie Foroutan, will keine Debatte führen, sondern diffamieren. Buschkowsky ist ein Rassist. Das ist die Botschaft, die hängen bleiben soll.

Und irgendwann kommt der absurde Vergleich zwischen Ehrenmorden und Kindesmissbrauch. Die Deutschen sind ja nicht schließlich alle Kinderschänder und die Türken daher auch nicht alle Ehrenmörder. Letzteres hat natürlich auch niemals irgendjemand behauptet. Foroutan tut aber ganz gerne mal so, als ob.

Dass allerdings das Phänomen Ehrenmord in bestimmten Einwanderergruppen verbreitet ist und in anderen eben nicht, hätte auch Naika Foroutan stutzig werden lassen können. Dabei hätte sie das Wesentliche zu dem Thema auch bei Deniz Yücel in der taz nachlesen können: "[...] dass Geschwister oder Väter einen Mord begehen, weil sie einen archaischen Ehrenkodex verletzt sehen, ist im 21. Jahrhundert nur in bestimmten Kulturkreisen verbreitet – und in anderen nicht." Oder anders ausgedrückt: Kennt Naika Foroutan irgendwelche Internetforen, in denen Deutsche den letzten Fall von Kindesmissbrauch feiern und sich darüber auslassen, dass dies dem Opfer recht geschieht, ja sogar ankündigen, demnächst selbst zu Täter zu werden? Nein, es gibt keine Solidarität mit dem Kinderschänder und auch nicht mit dem Verursacher eines Familiendramas. Der Täter ist isoliert.

Was es aber gibt, ist die unbändige Freude über einen vollzogenen Ehrenmord - und das, Frau Foroutan, gibt es eben leider nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen. Vietnamesische Ehrenmord-Fans werden Sie nicht finden.

Dafür aber das hier... afganischstämmige Internetnutzer schrieben nach den Ehrenmord an Morsal Obeidi in Hamburg: ""hat der gut gemacht und jetzt was wollt ihr machen"; "du scheiß deutscher du verstehst nicht die kultur der afghaner du bastard sie hat aus den schlägen nichts gelernt"; "Wenn ich mit einen Jungen gesehen werden würde, würde mir vielleicht das selbe zustoßen"; "bin selbst ein Bruder und würde das selbe machen wenn meine Schwester was falsches begehen würde".

Mehr O-Töne gefällig? Jesidische Nutzer nach dem Mord an Arzu Özmen: "Wenn meine Schwestern sowas machen sind die TOT .so ist das bei uns yeziden"; "arzu hat es teilweise auch selbst provoziert"; "was für ein stück dreck,hat nicht nur ihr leben zerstört sondern das von 5"; "wie kann man nur eine tochter haben die so viel unheil über einen bringt".

Das ist nur eine sehr kleine Auswahl aus einer Flut gut dokumentierter Aussagen. Sie belegen vor allem eines: dass die Soziologin Naika Foroutan das Phänomen Ehrenmord nicht versteht. Der Freiburger Psychologie-Professor Jan Ilhan Kizilhan, der im Gegensatz zu Foroutan im Bereich Ehrenmorde umfangreiche Forschungen betrieben hat, kommt richtigerweise zu dem Schluss: "Es dreht sich alles um die Frage: Was denken die Verwandten? Sind wir schwach?" Und somit sollte klar sein: Kindesmissbauch IST überall. Er kommt in allen Kulturen vor. Und Ehrenmord nun einmal nicht.

Doch im Fall von Naika Foroutan erzeugt das Weltbild die Wahrnehmung anstatt umgekehrt. So fragt sie etwa, warum es eine Plakataktion gegen Salafisten gebe, aber keine vergleichbare Plakataktion gegen Rechtsextremisten. An der Stelle fragt man sich wirklich, in welchem Land Foroutan lebt. An Schulen und in Vereinen sind ständig und in großer Zahl Aktivitäten gegen Rechtsextremismus üblich, während man vergleichbare Projekte zum Thema Islamismus mit der Lupe suchen muss. Und wäre die achtzehnjährige Jesidin Arzu Özmen in Detmold von Rechtsextremen ermordet worden statt von ihren eigenen Verwanden, so darf man annehmen, dass der Trauermarsch von allerhöchster Parteiprominenz begleitet worden wäre anstatt von B- und C-Politikern.

Aber wo Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht, kommt man natürlich auch zu die Realität massiv verkennenden Behauptungen wie: "Wir leben in einem Land, in dem viele glauben, muslimische Männer würde hier ihre Frauen unters Kopftuch zwingen." Aber wer wie ich seit Jahren aktiv in einem Verein arbeitet, der muslimische Opfer patriarchalischer Strukturen betreut, der glaubt nicht nur, der weiß um den Kopftuchzwang, den es hierzulande gibt. Ich vermute, dass Naika Foroutan selbst niemals mit solchen Betroffenen gesprochen hat. Geschichten von jungen Frauen, die im Grundschulalter irgendwann gesagt bekommen haben "Jetzt wird es langsam aber mal Zeit, dass du ein Kopftuch trägst", interessieren sie vermutlich auch nicht. In diesem Bereich gibt es viel zu erforschen und zu dokumentieren. Man muss es nur wollen.

Vor diesem Hintergrund ist es mir auch zu mühselig, auf all die kleinen Absurditäten und Logikschwächen des Foroutan-Textes einzugehen. Dass sie beim Blick auf Migranten einen Mangel an Differenzierung beklagt und hier und da selbst ein allzu pauschales und verallgemeinerndes Bild von der Mehrheitsbevölkerung entwirft, muss ja nicht unbedingt ich weiter erörtern. Dass es Unsinn ist, Buschkowsky, der seit Jahren alles tut, um die Verhältnisse in seinem Bezirk zu verbessern und darüber in jeder Talkshow spricht, nun auch noch vorzuwerfen, dass unter seiner Zuständigkeit nichts unternommen worden wäre - darüber soll ein anderer schreiben. Ein anderer kann sich auch darüber den Kopf zerbrechen, warum Foroutan auf der ersten Seite ihres Textes schreibt, dass die Zahl der Muslime in Deutschland bis 2030 nicht signifikant steigen wird, aber auf der zweiten Seite davon spricht, dass irgendwann die Hälfte der eingeschulten Kinder einen Migrationshintergrund haben wird. Und ob es Wohlwollen ist, mit dem Foroutan zur Kenntnis nimmt, dass manche Migranten lieber gefürchtet werden wollen als verachtet, soll ebenfalls ein anderer ergründen. Ich bin es leid. Ich bin es leid, dass meinen Mitstreitern und mir, die wir Opfer betreuen, für Unterbringung sorgen und sogar von Zwangsheirat und Ehrenmord bedrohten Musliminnen aktive Fluchthilfe leisten - dass wir uns bei diesem Kampf um Menschenrechte ständig von einer promovierten Berufsrelativiererin Knüppel zwischen die Beine werfen lassen müssen. Den Schwächsten unter den Einwanderern, die irgendwann selbstbestimmt und mit Würde leben wollen, hilft Naika Foroutan auf diese Art gewiss nicht.

Was kann Ikea für Saudi-Arabiens Gesetze?
03.10.2012 08:13:52

Was kann Ikea für Saudi-Arabiens Gesetze?
von Thomas Baader

In der für Saudi-Arabien bestimmten Ausgabe des Ikea-Katalogs wurden auf allen Bildern die Frauen wegretuschiert. Es ist offensichtlich, dass sie den weiblichen Bekleidungsvorschriften des Königreichs nicht entsprochen hätten. Ikea ist für diese Art des vorauseilenden Gehorsams scharf kritisiert worden, aber in so manchem Kommentarbereich fragt auch der eine oder andere Leser: Was kann denn Ikea für die Gesetze der Saudis?

Und auch in der Los Angeles Times kann die Journalistin Karin Klein die Aufregung nicht verstehen und verteidigt Ikeas kulturelle Sensibilität: "And though people have every right to disagree with such Saudi values, it seems odd and unfair to ding a company for making sure that its advertising was culturally sensitive to the nation where it is hoping to sell its goods and in keeping with that society's values. Is cultural sensitivity something to applaud only when it is in keeping with our notions of how a society should be?"

Die deutschsprachigen "Excite-News" stellen hierzu nüchtern fest: "Das Franchise-Unternehmen wird wohl kaum aus eigener Willkür die 'zu wenig bekleideten' Frauen entfernt haben, sondern richtet sich dabei nach den Vorschriften des Landes. Auch wenn IKEA selbst auf die Werte verweist, die es vertritt, ist es doch fraglich, inwiefern ein schwedischer Möbelkonzern dafür verantwortlich ist, die Regelungen in Saudi-Arabien zu ändern."

Stimmt. Ikea ist in der Tat nicht verantwortlich für die Gesetze in Saudi-Arabien. Da kann man also wohl gar nichts machen.

Kann man nicht? Werfen wir mal einen Blick ins Jahr 1938. Der deutsche Verlag Rütten & Loening zeigte Interesse, das Buch "The Hobbit" des englischen Autors J. R. R. Tolkien in Deutschland zu veröffentlichen. Der Verlag handelte dabei ganz im Einklang mit den damaligen deutschen Gesetzen, wenn er von Tolkien einen Ariernachweis verlangte. Tolkien fomulierte daraufhin:

"Ich bedaure, dass mir nicht ganz klar ist, was Sie mit dem Wort 'arisch' beabsichtigen. Ich bin nicht 'arischer', also indo-iranischer Abstammung; soweit mir bekannt ist, beherrschte keiner meiner Vorfahren Hindustani, Persisch, Zigeunersprache oder verwandte Dialekte. Aber wenn ich einmal annehmen darf, dass Sie sich danach erkundigen, ob ich jüdischer Abstammung sei, kann ich nur antworten, dass ich bedaure, offenbar keine Vorfahren aus diesem begabten Volk zu haben. Mein Ur-Urgroßvater kam im 18. Jahrhundert aus Deutschland nach England. Der Hauptteil meiner Abstammung ist daher rein Englisch, und ich bin ein englischer Staatsbürger - was Ihnen genügen sollte. Nichtsdestoweniger war ich gewohnt, meinen deutschen Namen mit Stolz zu betrachten, und tat das auch weiterhin während der Zeit des letzten, bedauerlichen Krieges, in dem ich in der englischen Armee diente. Dennoch kann ich es leider nicht vermeiden anzumerken, dass, wenn impertinente und irrelevante Fragen dieser Art in literarischen Angelegenheiten die Regel werden sollten, die Zeit nicht mehr fern ist, da ein deutscher Name nicht mehr länger ein Grund für Stolz sein wird."

An seinen eigenen Verleger schrieb Tolkien zudem, dass er das "(mögliche) Fehlen jüdischen Blutes" nicht für ehrenwert halte und auch nicht eine "vollkommen verderbliche und unwissenschaftliche Rassendoktrin" zu unterstützen gedenke.

Es wäre auch denkbar gewesen, die Sache anders anzugehen. Natürlich hätte Tolkien sich auch auf den Standpunkt stellen können, dass man ihn nicht für die Gesetze in Deutschland verantwortlich machen dürfe. Er hätte den Ariernachweis, um den man ihn gebeten hatte, einfach erbringen können.

Bloß: Damals gab es aber noch keine Kultursensibilität. "The Hobbit" erschien in Deutschland erst im Jahre 1957.

Dieser Artikel erschien am 3. Oktober 2012 auch auf dem Blog "Achse des Guten":
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/was_kann_ikea_fuer_saudi_arabiens_gesetze/

Was zum Lesen von Martenstein und Meyer
30.09.2012 13:10:51

Lesehinweise

Harald Martenstein (Tagesspiegel):

Vor einigen Jahren ist es mir passiert, dass ich auf dem Nachhauseweg von zwei jungen Männern, etwa achtzehn, angehalten wurde, nachts in Charlottenburg. Stuttgarter Platz, da wohnte ich halt. Sie haben nach Zigaretten gefragt, ich hatte nur noch eine. Dann haben sie mir abwechselnd links und rechts Ohrfeigen gegeben und dabei gelacht, ich glaube, es waren ungefähr acht Ohrfeigen. Die Brille ist dabei kaputtgegangen. Als ich um Hilfe geschrien habe, sind sie weggegangen. Nicht schnell, sondern schön langsam, im Triumph. Natürlich bin ich nicht zur Polizei gegangen.
Was soll das bringen? Ich geniere mich ja sogar, es zu erzählen. Die Männer hatten einen türkischen Akzent. Weil ich das erwähne, gerate ich natürlich in den Verdacht, ein Rassist zu sein, und Renan Demirkan mag mich nicht mehr. Es tut mir sehr leid, dass mir so was passiert ist, verprügelt zu werden. Ich entschuldige mich dafür. Ich habe von da an besser aufgepasst.
Wenn ich Jude wäre, dann wären die Prügel, die ich bekommen habe, der Beweis für den wachsenden Antisemitismus. Wenn ich Ausländer wäre, und die Täter wären deutsch gewesen, würden die Prügel den deutschen Rassismus beweisen. Weil ich aber weder das eine noch das andere bin, sind diese Prügel der Beweis für gar nichts. Sie sind kein großes Ding.
Mein Sohn und seine Freunde vermeiden es, bei Dunkelheit in die Nähe des Kottbusser Tores zu gehen. Sie sehen zu deutsch aus.
Die Wahrscheinlichkeit, dass man sein Handy oder sein Geld los wird oder eins in die Fresse kriegt, ist, wie die Jungs sagen, einfach zu groß. Da nimmt man lieber eine andere U-Bahnstation, läuft etwas weiter, kein Ding. Auch bestimmte Klubs meidet man besser, als Blonder. Und wer’s nicht glaubt, soll’s einfach mal ausprobieren.
Die Rassismus-Vorwürfe gegen Heinz Buschkowsky und sein Buch kotzen mich an.

http://www.tagesspiegel.de/meinung/martenstein-ueber-buschkowskys-buch-wenn-ich-verpruegelt-werde-ist-das-kein-grosses-ding/7198554.html

Franz A. Meyer (Blick):

Wieso aber sind Begriffe wie «Islamgegner» und «Islamfeind» überhaupt Schimpfwörter? Der Islam ist eine Religion. Wie die christliche. Darf man Gegner der christlichen Religion sein, ihr gar feindlich gegenüberstehen? Selbstverständlich darf man das.
Gegen die Religion, die seit je und immer wieder der Bemäntelung irdischer Absichten und irdischer Herrschaft dient, wurde die freie Gesellschaft erkämpft. Eine Gesellschaft, die sich hütet vor religiösem Einfluss, die deshalb säkular und laizistisch verfasst ist: unsere offene Gesellschaft.
[...]
Neben Tausenden von Prinzen und Protzern bietet die islamische der übrigen Welt vor allem Abermillionen junger Menschen ohne sinnvolle Arbeit – und Hunderte Millionen menschenrechtlich benachteiligter und in Apartheid gehaltener Frauen.
Darf man Gegner sein einer Religion, die das Mittelalter ins 21. Jahrhundert verlängert? Man darf, man soll, man muss ihr Gegner sein! Darf man Feind sein einer Reli­gion, deren militante Gläubigen ihr Mittelalter am liebsten unserer westlichen Zivilisation aufzwingen möchten? Man darf, man soll, man muss ihr Feind sein!

http://www.blick.ch/news/politik/gegnerschaft-id2051233.html

Ein Lob der Blasphemie: Vom Menschenrecht, keinen Gott zu kennen
29.09.2012 23:05:30

Ein Lob der Blasphemie: Vom Menschenrecht, keinen Gott zu kennen
von Thomas Baader

Was würde uns heute fehlen, wenn alles, was einmal mit dem Vorwurf der Blasphemie konfrontiert wurde, verboten worden wäre? Die Liste ist lang, und das hier ist nicht mehr als ein Auszug: Johann Wolfgang Goethes "Faust", Salman Rushdies "Satanische Verse", Gustave Flauberts "Madame Bovary", Andrew Lloyd Webbers "Jesus Christ Superstar", Monty Pythons "Das Leben des Brian", Emil Noldes "Abendmahl", Edvard Munchs "Madonna", Günter Grass' "Blechtrommel", Mel Brooks' "History of the World Part I", Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra", Charles Darwins "Über die Entstehung der Arten"... da ist doch für jeden Geschmack etwas dabei.

In dieser Aufzählung befindet sich auch so einiges, auf das ich persönlich getrost verzichten könnte. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass unabhängig von der einen oder anderen geschmacklichen Verirrung (oder auch einfach nur Belanglosigkeit) Wissenschaft und Kultur erheblich von "blasphemischen" Vorhaben und Werken profitiert haben. Und so soll es bittschön auch bleiben.

Passt der Film "Die Unschuld der Muslime" in diese Aufzählung? Was künstlerische Qualität und weltgeschichtliche Bedeutung angeht - sicherlich nicht. Dennoch: Der Schulterschluss vermeintlich antirassistischer Linker ("beleidigt bloß nicht unsere edlen Wilden") und Morgenluft witternder Konservativer ("Wir wollen ein Blasphemieverbot in Sachen Islam... in Folge dann natürlich auch beim Christentum") mutet bizarr an, darf aber nicht unterschätzt werden, denn er bringt die unangenehmsten Auswüchse der beiden bedeutendsten politischen Strömungen zueinander. Sabine Schiffer darf im November diesen Jahres im Odenwald über die "Grenzen der Meinungsfreiheit" schwadronieren, Kirchenvertreter solidarisieren sich mal wieder (aber nicht etwa mit ermordeten Botschaftern), während kürzlich erst Tarek Al-Wazir bei Maischberger erklären durfte, warum es einen Riesenunterschied gäbe zwischen dem Mohammed-Amateurfilm und dem satirischen Meisterwerk "Das Leben des Brian".

Was die Qualität angeht, gibt es diesen Unterschied tatsächlich - aber auch in rechtlicher Hinsicht? Es kann kein Kriterium sein, dass das eine Schrott und das andere ein Glanzstück ist.

An dieser Stelle tut der Hinweis auf etwas Grundlegendes not: Wer Atheist ist, für den sind Moses, Jesus, Buddah und Mohammed normale Menschen gewesen, denen nichts Göttliches anhaftet, weil es aus atheistischer Perspektive nun einmal nichts Göttliches gibt. Diese Sichtweise mag religiösen Menschen nicht gefallen. Aber in einem Staat, der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährt, ist die Position, dass Mohammed ein ganz normaler Mensch mit all seinen Fehlern gewesen ist, ebenso legitim wie die Vorstellung von einem von Gott erwählten Propheten Mohammed. Und ebenso wie der Atheist es hinnehmen muss, dass der Gläubige ständig von seinen religiösen Texten schwärmt, wird der Gläubige nichts daran ändern können, dass der Atheist eben diese religiösen Texte für nichts weiter als unterhaltsame Märchenerzählungen hält.

Blasphemie ist somit letzlich ein Menschenrecht, denn hier kommt die Meinungsfreiheit des nicht religiösen Menschen zum Ausdruck, nichts Heiliges in Propheten, Erlösern, Texten und Reliquien sehen zu wollen. Ein Blasphemieverbot ist demnach einer Demokratie unwürdig, weil es den Atheisten dazu zwingen würde, sich bei öffentlichen Äußerungen der Position der Gläubigen anschließen zu müssen und keine eigene vertreten zu dürfen. Wenn man also Mohammed nicht als schlechten Menschen bezeichnen dürfte (weil dies als Blasphemie gilt), hätte man nur noch die Wahl, ihn eben als guten Menschen zu bezeichnen oder einfach die Klappe zu halten. Diese Einschränkung der Meinungsfreiheit wäre äußerst einseitig, da von ihr nur "Ungläubige" betroffen wären, während es keine Entsprechung für die Gegenseite gäbe.

Noch schwieriger wird es, wenn wir von den Propheten und Religionsgründern absehen und stattdessen "Beleidigungen" von Gott selbst thematisieren. Für den Atheisten existiert Gott nun einmal nicht und es ist für ihn daher auch schwer nachvollziehbar, wieso er für die Beleidigung eines Phantasiegebildes zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Entsprechend kann die Lösung für die gläubigen Menschen nur darin bestehen, endlich einzusehen, dass ihre religiösen Gebote nur für sie selbst gelten.

Was jemand anderes über Gott und seinen Propheten sagt, sollten Gläubige ignorieren. Dann stellt sich der gesellschaftliche Frieden von ganz alleine ein.

Siehe auch:

In einer Stellungnahme zur freien Meinungsäußerung im Rahmen internationaler Gesetze hat die UN festgestellt, dass Gesetze, die die Blasphemie einschränken, mit den geltenden Menschenrechtsstandards inkompatibel seien.
http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2011/08/169206/un-gotteslaesterung-ist-ein-menschenrecht/

Der Beobachter der IHEU bei den Vereinten Nationen, Austin Dacey, hatte in letzter Zeit häufig schlechte Nachrichten für die Religionsfreiheit in der UN zu vermelden. Jetzt kann er etwas Positives berichten. Entsprechend den Bestimmungen des ICCPR gibt es ein Recht auf Blasphemie.
http://hpd.de/node/11837

Dieser Artikel erschien am 30. September 2012 auch auf dem Blog "Achse des Guten":
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/vom_menschenrecht_keinen_gott_zu_kennen/

Eltern von Ehrenmordopfer Arzu Özmen angeklagt
29.09.2012 14:13:13

Lesehinweis

Detmold (WB). Elf Monate nach dem sogenannten Ehrenmord an Arzu Özmen (18) hat die Staatsanwaltschaft Detmold Anklage gegen die Eltern des erschossenen Mädchens erhoben.
Oberstaatsanwalt Christopher Imig: »Dem Vater werfe ich Anstiftung zum Mord, Beihilfe zur Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung vor.« Arzus Mutter soll sich wegen Freiheitsberaubung und Nötigung verantworten. Außerdem wird ihr vorgeworfen, nicht eingeschritten zu sein, als ihr Mann Arzu misshandelte. Weil dem Vater Fendi Özmen (52) im Fall einer Verurteilung lebenslange Haft droht, hat der Oberstaatsanwalt Haftbefehl wegen Fluchtgefahr beantragt – den das Gericht aber ablehnte.
http://www.westfalen-blatt.de/nachricht/2012-09-28-anklage-gegen-die-eltern-der-getoeteten-arzu-oezmen-erhoben/613/

Reaktionen aus dem jesidischen Daweta-Forum (Auszüge):

- "Hoffe Sie werden auch dran gekriegt. Zur Hölle mit solchen Tieren"

- "SInd die menschen, die mit alles und allem treiben, keine tiere?"

- "Freiheit für alle Özmen´s"

http://www.daweta.eu/include.php?path=forum/showthread.php&threadid=49435

We Muslims are the ones who need to change
27.09.2012 19:12:01
Lesehinweis

I was born a Muslim and lived all my life as a follower of Islam.
[...]
I have to admit that our current Islamic teaching creates violence and hatred toward Non-Muslims. We Muslims are the ones who need to change. Until now we have accepted polygamy, the beating of women by men, and killing those who convert from Islam to other religions.
[...]
We ask others to respect our religion while all the time we curse non-Muslims loudly (in Arabic) in our Friday prayers in the Mosques. What message do we convey to our children when we call the Jews "Descendants of the pigs and monkeys".. Is this a message of love and peace, or a message of hate?
[...]
Till now our 'reputable' top religious authorities have never issued a Fatwa or religious statement to proclaim Bin Laden as an apostate, while an author, like Rushdie, was declared an apostate who should be killed according to Islamic Shania law just for writing a book criticizing Islam.
Muslims demonstrated to get more religious rights as we did in France to stop the ban on the Hejab (Head Scarf), while we did not demonstrate with such passion and in such numbers against the terrorist murders.
[...]
We kicked out the Jews with no compensation or mercy from most of the Arab countries to make them "Jews-Free countries" while Israel accepted more than a million Arabs to live there, have its nationality, and enjoy their rights as human beings. In Israel , women can not be beaten legally by men, and any person can change his/her belief system with no fear of being killed by the Islamic law of 'Apostasy,' while in our Islamic world people do not enjoy any of these rights. I agree that the 'Palestinians' suffer, but they suffer because of their corrupt leaders and not because of Israel.
http://www.islamreview.com/articles/From_the_heart_of_a_Muslim_print.htm
Die Religion ist auch ohne Beschneidung legal...
26.09.2012 07:55:26

Die Religion ist auch ohne Beschneidung legal...
von N. Lightenment (P)

... nein, Quatsch, es muss natürlich umgekehrt heißen:

http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article109464563/Beschneidung-soll-auch-ohne-Religion-legal-sein.html

Putzig an diesem Artikel ist der letzte Absatz:

"Zudem solle, so der Ethikrat, ein 'entwicklungsabhängiges Vetorecht des betroffenen Jungen' möglich sein, was heißt, dass die Beschneidung unterbleibt, sobald sich ein (älterer) Junge strikt weigert. Diese Bedingung findet sich im Ministeriumspapier in der Vorschrift, dass der Eingriff rechtswidrig ist, wenn 'das Kindeswohl gefährdet wird'. Eine Gefährdung des Kindeswohls wird gegeben sein, wenn ein sich sträubender Junge nur unter Zwang beschnitten werden könnte."

Man beachte die Formulierungen: "strikt weigert", "sich sträubender", "nur unter Zwang"...

Sicher wird auch ein weniger striktes und sich sträubendes "Nein" des Jungen genügen?

Michael Wolffsohn bedankt sich
23.09.2012 20:40:19

Lesehinweis

In der Beschneidungsdebatte erweckten viele jüdische Wortführer den Eindruck, (männlich) jüdische Identität hinge von der Beschneidung ab. Darauf reduziert, wäre jüdische Identität armselig. Wir sind das „Volk des Buches“.
„Landesrecht gilt“, verkündeten schon die talmudischen Weisen. Dennoch mischten sich Israels Oberrabbiner Metzger und der orthodoxe Innenminister Ishai direkt in die deutsche Debatte ein. Das dokumentiert einmal mehr die Politisierung (auch) der jüdischen Religion. Die Intervention war zudem unnötig, denn parteiübergreifend wird ein deutsches Gesetz vorbereitet, das die verschiedensten Interessen und Sorgen berücksichtigt. Danke, Deutschland.
http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/gastkommentar-zur-beschneidungsdebatte-politik-und-religion-sind-voneinander-zu-trennen-/7160872-2.html

Ein Schmäh-Film über Mohammed und eine falsche Reaktion
18.09.2012 08:02:28

Ein Schmäh-Film über Mohammed und eine falsche Reaktion
von Thomas Baader

Ich habe den umstrittenen Mohammed-Film gesehen. Damit habe ich vermutlich ca. 99% der muslimischen Protestler und ca. 80% der deutschen Kommentatoren etwas voraus.

Den Film kann man sich derzeit problemlos bei Youtube ansehen. Auf der rein handwerklichen Ebene ist dieser Film so schwach, dass man sich als Zuschauer irgendwie peinlich berührt fühlt. Allein bereits in diesem Sinne handelt es sich um einen schlecht gemachten Film. Jedoch: Das kann für ein mögliches Verbot des Films kein Kriterium sein.

Auf der inhaltlichen Ebene macht der Film Aussagen, die sich mit dem Methoden der Geschichtswissenschaft nicht belegen lassen. Ebenso richtig ist natürlich auch, dass sich viele der positiven Aussagen über Mohammed von muslimischer Seite ebenso wenig belegen lassen. Wie der historische Mohammed wirklich gewesen ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Aber wer gläubiger Muslim ist, hat natürlich alles Recht der Welt, an einen guten Mohammed zu glauben.

Ebenso steht es aber anderen frei, die gegenteilige Ansicht zu vertreten, und zwar auch dann, wenn sie das völlig frei von Fakten und gesichterter Erkenntnis tun. Die bösartige Intention des Filmemachers ist dabei völlig eindeutig, und man verspürt daher als aufgeklärter Mensch auch nicht das geringste Bedürfnis, das eigenartige Werk zu verteidigen.

Wenn man den Film also getrost als "Schrott" bezeichnen darf, so ist es aber immer noch Schrott, von dem die überwältigende Mehrheit der Muslime unter normalen Umständen gar nichts mitkriegen sollte. Eine Karikatur etwa, die Jesus, Moses, Buddah und Ganesha auf einer Wolke beim Gruppensex zeigt (siehe hier: http://www.theonion.com/articles/no-one-murdered-because-of-this-image,29553/?utm_source=Twitter&utm_medium=SocialMarketing&utm_campaign=standard-post:headline:default) hat nicht zur Aussschreitungen seitens Christen, Juden, Buddhisten und Hindus geführt, ganz einfach deswegen, weil die meisten der Anhänger dieser Religionen nichts von ihrer Existenz wissen (und die wenigen, die es tun, waren vielleicht angewidert, verhielten sich aber friedlich). Wenn also der Anti-Islam-Film ein so breites Publikum in der islamischen Welt erreicht hat - wobei immer noch zu bedenken ist, dass die allermeisten Empörten ihn nicht gesehen haben dürften - dann nur deswegen, weil die Empörung nicht spontan ist, sondern gesteuert von islamistischen Kreisen, die ein Interesse an den Ausschreitungen haben, ein Interesse an Chaos und Todesopfern. Die Parallele zu den dänischen Mohammed-Karikaturen ist offensichtlich.

Die magere Qualität des Filmes und beleidigende Absicht des Filmemachers spielen vor diesem Hintergrund keine Rolle. Auch ein künsterlerisch hochwertiger Streifen mit entsprechender Thematik wäre von den Islamisten in diesem Sinne instrumentalisiert worden.

Dass nun in Deutschland ernsthaft versucht wird, den Film mit fragwürdigen juristischen Methoden verbieten zu lassen, sendet jedoch ein völlig falsches Signal. Die Grundregel scheint zu sein: Je friedlicher und vernünftiger du dich verhältst, desto mehr darf man auf deinen Gefühlen rumtrampeln. Je gewalttätiger und brutaler du dich verhältst, desto mehr nimmt man auf dich Rücksicht.

Man müsste nach diese Logik allen Christen, die sich durch Anti-Papst-Demos der Linken oder jene Aktionen der Piraten, die sich gegen Tanzverbote an christlichen Feiertagen richten, beleidigt fühlen, nahelegen, von nun an möglichst aggressiv auf ihre Gegner zu reagieren. Der deutsche Staat würde ein solches Verhalten mehr belohnen als Besonnenheit und Gesetzestreue.

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