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Odenwaldschule: Missbrauchsopfer fordert Konsequenzen

Lesehinweis

Auch diese Redaktion griff das Thema nicht auf, obwohl er es der Zeitung (»Ich war ZEIT-Leser«) sogar als erste anbieten ließ. Man lasse sich »wegen ein paar missbrauchter Kinder die Reformpädagogik nicht kaputt machen«, habe es geheißen. Die Autorenschaft dieses mutmaßlichen Satzes lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Doch Huckele wunderte sich nur kurz: ZEIT-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff war mit Hartmut von Hentig, dem Vorzeigepädagogen, dem gern gelesenen Autor und eben auch Lebenspartner von Gerold Becker, eng befreundet. Drei ihrer Nichten und Neffen hatten die Odenwaldschule besucht, der jüngste von ihnen war mit Huckele in einer Klasse gewesen. Auch viele andere Würdenträger der Gesellschaft schickten ihre Kinder auf die berühmte Schule.
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Er erinnert sich noch gut, wie ihm zum 75-jährigen Internatsjubiläum Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit Hartmut von Hentig und Gerold Becker auf dem Schulgelände entgegenkamen. »Da hat man als 16-Jähriger keine Fragen mehr.« Für die Opfer war das »linksliberale« Internat unter dem Becker-Regime ein totalitäres System mitten in Deutschland, aus dem es für die Kinder kein Entrinnen gab und gegen das kein Erwachsener Widerstand leistete. Weder innerhalb noch außerhalb der Schule. »Für mich führt der Preis eine bestimmte gesellschaftliche Kaste vor«, sagt Huckele. Die Jury des Geschwister-Scholl-Preises formuliert es so: »Auch darin liegt eine große Leistung dieses Buches: dass es hinweist auf das Versagen von Zivilgesellschaft und Rechtsstaat, von Bürgern, Pädagogen, bis hin zu Presse und Justiz, die darin scheitern, die Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen sicherzustellen, wie es die UN-Charta für die Rechte der Kinder verlangt.«
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Für Huckele sind die Verjährungsfristen eine Art »staatliches Täterschutzprogramm«. Nach Verstreichen der Frist machten viele Täter die Betroffenen per Rechtsanwalt mundtot. »Die Opfer erleben ihre Ohnmachtsgefühle noch einmal. Andere Länder kennen solche Regelungen nicht. Wer verfolgt hat, wie in England (BBC) oder den USA (Penn-State-Universität) offizielle Stellen für Aufklärung und Sanktionen sorgten, nachdem die Missbrauchsskandale publik wurden, der weiß, dass Deutschland noch einiges besser machen kann.

http://www.zeit.de/2012/48/Odenwaldschule-Kindesmissbrauch-Andreas-Huckele/seite-2

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