Solidarität mit den Armeniern ist das Gebot der Stunde
von N. Lightenment (P)
Frankreich hat versucht, ein Zeichen zu setzen. Die Türkei reagiert, wie man es erwarten durfte: emotional, beleidigt, wüste Drohungen ausstoßend.
Betrachten wir mal die Fakten: Da gibt es historische Vorkommnisse in einem Land, die von einer überwältigenden Mehrheit der Historiker dieser Welt als Völkermord eingestuft werden, nur nicht von den Historikern des betroffenen Landes selbst. Kommt das den Türken selbst nicht merkwürdig vor?
Angeblich soll Sarkozys Vorgehen nur wahltaktisch motiviert gewesen sein, heißt es: Er werbe um die Stimmen der armenischstämmigen Franzosen. Bloß: Die machen lediglich 0,8% der Gesamtbevölkerung Frankreichs aus und dürften schwerlich bei einer Wahl den Auschlag geben.
Erdogan indes haut dieser Tage mal wieder auf die nationalistische Pauke: "Wir haben in unserer Geschichte keinen Völkermord. Wir werden die Welt an die vergessenen französischen Gräueltaten erinnern."
Wer so etwas sagt, riskiert, in Zukunft nur noch als politischer Hampelmann wahrgenommen zu werden. Denn ob die Türkei nun einen Völkermord begangen hat oder nicht, hat nichts, aber auch gar nichts mit französischen Gräueltaten zu tun, an die man erinnern müsste. Erdogan bedient sich hier des klassischen "Tu quoque"-Arguments ("Du auch"), das die Verteidiger der Angeklagten in den Nürnberger Prozessen erfolglos vorbrachten. Die Schuld der eigenen Nation wird nicht dadurch geringer, dass andere Nationen ebenfalls Schuld auf sich geladen haben. Erdogans Verteidigungsstrategie befindet sich auf Kindergartenniveau.
Auch Deutschland sollte sich mit den Armeniern solidarisch zeigen - und die unrühmliche Rolle, die Funktionäre wie Kenan Kolat bei der Relativierung der Gräueltaten spielen, öffentlich diskutieren.
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