Der Schlaf der Vernunft gebiert Leserbriefe
von Thomas Baader
Wenn man, so wie ich, hin und wieder einen Artikel schreibt, kriegt man hin und wieder auch Rückmeldungen. Darüber freue ich mich. Im MRF-Forum können Leser den Kommentarbereich nutzen; erscheinen meine Beiträge auf der "Achse des Guten", gehen dort hin und wieder Leserbriefe ein, die Herr Broder freundlicherweise an mich weiterleitet.
Neben den konstruktiven Kritiken gibt es aber auch Reaktionen, die bei mir ein leichtes Schmunzeln auslösen. So zum Beispiel die Schreiben jener Zeitgenossen, in denen es heißt: Ja, es stimmt ja, was Sie schreiben, aber sowas zu sagen ist nicht in Ordnung. Oder diejenigen, die der Ansicht sind, ausformulierte Empörung sei ein guter Ersatz für auf Argumenten beruhenden rationalen Diskurs. Das Motto "Ich habe sehr viel Wut in mir, wozu brauche in dann einen Verstand" erfreut sich dieser Tage wieder großer Beliebtheit. Befreit von der Notwendigkeit zu argumentieren oder überhaupt auch nur ein Mindestmaß an Nachvollziehbarkeit gewährleisten zu müssen, gefällt sich der eine oder andere in der Rolle des intellektuellen Schwätzers, wobei freilich der Zusatz "intellektuell" eher theoretischer Natur ist.
Wer sich jetzt übrigens jetzt gerade beleidigt fühlt, den habe ich wohl unterschätzt, denn er beweist zumindest schon mal die Fähigkeit, sich selbst auf der Grundlage meiner Beschreibung wiederzuererkennen.
Wenn jemand mit Hyperventilieren beschäftigt ist oder aus gerechtem Zorn gerade in die Tastatur beißt, ist es für mich natürlich etwas schwierig, dieser Person Inhalte zu vermitteln. Manchmal versuche ich es trotzdem, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dazu gehört dann, dass ich darauf verweise, was man bei Peri e. V. macht.
Was macht man nun eigentlich bei Peri e.V.? Ja, hin und wieder fragen mich Menschen das tatsächlich. Ich verweise dann auf die Website. Nun gibt es aber auch Menschen, die Angst davor haben, Opfer von zu viel Bildung zu werden, und grundsätzlich keine Website lesen. Also: Peri betreut Menschen mit meist muslimischen Migrationshintergrund, die Opfer von häuslicher Gewalt und patriarchalisch geprägten Unterdrückungsmechanismen werden. Wir kümmern uns beispielsweise um Betreuung, Aufnahme und Unterbringung von Menschen, die von Ehrenmord, Zwangsheirat oder anderer Formen von Gewalt bedroht sind. Der Verein leistet auch aktive Fluchthilfe. Ein Großteil der Betroffenen sind Frauen. Manchmal gibt es aber auch Fälle wie den homosexuellen männlichen Muslim, der sich vor seiner Familie verstecken muss, die ihm nach dem Leben trachtet.
Wissen Sie eigentlich, liebe Leserbriefschreiber, was wirklich das Gegenteil von Rassismus ist? Nein, nicht Ihre selbstgerechten Wutbriefe, die niemandem etwas nützen außer Ihrem Ego. Das Gegenteil von Rassismus ist, wenn man die Ansicht vertritt, dass grundlegende Menschenrechte nicht nur für die Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft gelten. Rassismus liegt hingegen vor, wenn man der Ansicht ist, "bei denen" soll sich möglichst nichts ändern. In diesem Sinne findet man in den Reihen der Buschkowsky-Gegner viele verkappte Rassisten, die sich ihrer Ressentiments nicht selbst bewusst sind.
Aber dafür wissen Sie, wie man Emails verschickt. Und wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt.
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