Was sagt denn jetzt die WHO zur Beschneidung von Knaben?
von Thomas Baader
Zur Versachlichung einer Debatte sollte gehören, dass man die Argumente, die von beiden Seiten ins Feld geführt werden, sorgfältig prüft.
Bei Anne Will sprach Holm Putzke davon, dass die WHO nicht, wie von Gegnern gerne als Argument verwendet, die Beschneidung von Kindern empfehle, sondern nur von Erwachsenen.
In mehreren Blogs kann man aber in den Kommentarbereichen lesen, dass Putzke hier falsch liege, schließlich gebe die WHO ein Handbuch zur frühkindlichen Beschneidung heraus.
Besagtes Handbuch gibt es in der Tat, man kann es hier kostenlos herunterladen:
http://www.who.int/hiv/pub/malecircumcision/manual_infant/en/index.html
So, aber was steht nun drin?
"Male circumcision can be performed at any age."
Man kann die Beschneidung also in jedem Alter durchführen, aber was empfiehlt die WHO?
"One important advantage of infant male circumcision is that the procedure is simpler than that performed on older boys and men because the penis is less developed and the foreskin is thinner and less vascular. Healing is quicker and complication rates are lower. The period of superficial wound healing after infant male circumcision is generally 5−7 days and most wounds heal completely within 14 days."
Anschließend werden noch weitere Vorteile aufgezählt, die die WHO in der frühkindlichen Beschneidung sieht.
Dann heißt es aber auch:
"A concern about early infant male circumcision is that the child cannot give informed consent for the procedure. Moreover, some of the health benefits, including reducing the risk of HIV infection, will not be realized until many years later when the person becomes sexually active. If circumcision is postponed until an older age the patient can evaluate the risks and benefits and consent to the procedure himself."
Und zum Abschluss diese Überlegungen:
"Programmes that promote male circumcision in early infancy are likely to have lower morbidity rates and lower costs than programmes targeting adolescent boys and men. However, these considerations must be balanced by concerns about consent."
Daraus ziehe ich folgendes Fazit:
1. Es gibt tatsächlich ein von der WHO herausgegebenes Handbuch zur frühkindlichen Beschneidung.
2. Darin werden in einem dialektischen Verfahren Vorteile und Nachteile der Beschneidung von Kindern gegenüber der Beschneidung von Erwachsenen angeführt.
3. Am Ende folgt der Hinweis, dass die Vorteile sorgfältig gegen die Nachteile abgewogen werden müssen.
4. Putzke hat insofern Recht, alsdass das Handbuch somit keine ausdrückliche Empfehlung enthält, Beschneidungen an Kindern durchzuführen. Allerdings ist das nur ein Teil der Wahrheit, denn ebenso richtig ist auch, dass das Handbuch Beschneidungen an Kindern nicht ablehnt oder sie für verwerflich erklärt.
5. Es ist allerdings auch darauf zu verweisen, dass das WHO-Handbuch aus dem Jahr 2010 stammt und somit nicht die Bedenken der dänischen Studie von Frisch, Lindholm, and Gronbaek aus dem Jahr 2011 berücksichtigen kann, wonach beschnittene Männer sigifikant öfter unter Orgasmusstörungen leiden als nichtbeschnittene. Dies ist natürlich unabhängig davon, ob man als Kind oder Erwachsener beschnitten wird, jedoch kann im Gegensatz zu einem Säugling der erwachsene Mann frei entscheiden, ob er sich dem Risiko aussetzen will.
6. Die WHO macht medizinische Ausführungen und keine rechtlichen.
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