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Bei Anne Will wird gebeckmännert
Bei Anne Will wird gebeckmännert
Fernsehkritik
von Thomas Baader

Sobald die Öffentlich-Rechtlichen jemanden als Unperson wahrgenommen haben, verfällt man in ein Standardschema: Man setze diesen Menschen am besten als Einzelkämpfer in eine Talkshow gegen vier bis sieben Kontrahenten, denen die Aufgabe zuteil wird, den Außenseiter möglichst effektvoll niederzureden. Dass man durch das Schaffen solcher David-gegen-Goliath-Situationen beim Zuschauer eher Sympathien schafft für denjenigen, der sich in einer solchen unfairen Gesprächsrunde tapfer schlägt, scheint sich noch nicht weit rumgesprochen zu haben. Beckmann lässt grüßen.

In genau dieser Situation fand sich am Mittwoch AfD-Chef Bernd Lucke bei Anne Will wieder. Seine Gegner: Edmund Stoiber, Gesine Schwan, Ulf Poschardt und Serdar Somuncu. Spaß macht das Anschauen einer solchen Politburleske sicherlich nicht.

Somuncu, der selbst als umstritten gilt, ist für sein Comedy-Programm "Hassprediger Reloaded" bekannt. Das befähigt ihn allerdings noch lange nicht zur Teilnahme an Polittalkshows, wie sich immer wieder herausstellt. Sein Umgang mit Bosbach, Buschkowsky und jetzt eben Lucke zeigt deutlich, dass Somuncu längst zur Karikatur seiner selbst geworden ist: Zu den hassverkniffenen, humorlosen und tunnelblickgestraften Gesichtern, die er parodiert, gehört er außerhalb seines Comedy-Programms selbst. So machte jeder Beitrag Somuncus Laune zum Griff nach der Fernbedienung.

Stoiber hingegen war, wie schon in einer früheren Sendung, ein gutes Beispiel dafür, wie man beim Versuch der Bekämpfung von vermeintlichem Anti-Euro-Populismus selbst zum Meister der Pro-Euro-Populismus aufsteigt. Man kann sicher gute Argumente bringen, die für den Euro sprechen - aber die Gemeinschaftswährung taugt nicht zur Überhöhung als Friedensprojekt und Politheiligtum.

SPD-Frau Gesine Schwan, die uns vor allem mit dem Satz "Die DDR war kein Unrechtsstaat" sowie als Verteidigern von Daniel Cohn-Bendit im grünen Pädophilie-Streit im Gedächtnis geblieben ist, war wohl hauptsächlich in der Sendung, um Rot-Rot-Grün als Regierungsmodell im Bundestag zu bewerben (was sie übrigens mit Somuncu gemeinsam hat).

Ulf Poschardt war vermutlich hauptsächlich hier, um die FDP zu retten. Auch er konnte nicht gerade glänzen. Dass Luckes "professoraler Ton" ihm auf den Wecker geht, ist in der Tat eine wenig originelle Aussage. Akademiker-Bashing können Gerhard Schröder und Edmund Stoiber wahrhaftig besser. Für Poschardt glich Luckes Ton dem von Sarrazin und Buschkowsky.

Lucke verstand es, klug zu kontern. Auf den Vorwurf, dass die von der AfD im Wahlkampf verwendete Formulierung "Einwanderer ja. Aber nicht in unsere Sozialsysteme." rechtspopulistisch sei, wusste Lucke das Regierungsprogramm der Union zu zitieren, in der tatsächlich sinngemäß dasselbe steht. Quod licet Iovi, non licet bovi.

Sicherlich gibt es kritikwürdige Positionen bei der AfD: Rumkuschelei mit Dikaturen und Halbdemokratien wie Russland etwa gereicht keiner Partei zum Schmucke. Aber Peer Steinbrück ist von dieser Position auch nicht allzu weit entfernt, wenn er fordert, öffentliche Kritik an Russland solle aus kultureller Rücksichtnahme unterbleiben.

Da waren sie also, die Vertreter und Sympathisanten der Parteien der Steinbrücks, Cohn-Bendits, Möllemanns, Hohmanns, Becks, Ypsilantis und wie sie alle heißen - und sie waren sich in einem einig: Der Lucke ist ein Problem.

Siehe auch:

Dass Luckes Äußerungen teilweise aus der Runde als Diffamierung von Demokratie und Parlamentarismus allgemein gedeutet wurden, war allerdings nicht fair. Immerhin bezog sich in seiner vorbelasteten metaphorischen Anspielung der Ausdruck "Entartungen" nicht auf diese an sich, sondern auf den als respektlos empfundenen Umgang damit.

Kurze Zeit später geht Anne Will zu AfD-Sprecher Lucke, fragt ihn was er sich jetzt wünsche. Lucke daraufhin: „Wir würden Neuwahlen natürlich begrüßen.”

Der Kabarettist sagte, die AfD sei rechtsradikal, weil er beim Lesen des Parteiprogramms das Gefühl gehabt habe, sie sei rechtsradikal. Der Lifestyle-Experte sagte – und da war er wirklich in seinem Element: Wenn jemand etwas so empfindet, wie es der andere nicht gesagt hat, habe der, der es gesagt hat, trotzdem Unrecht. [...] Stoiber sagte, Lucke könne nur dort verstanden werden, wo er sich mit seinen Anhängern herumtreibe – im Bierzelt. Murren im Publikum. http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/09/26/euro-debatte-im-staats-tv-ein-system-demaskiert-sich-selbst/

Obwohl die Redaktion von »Anne Will« die Gäste wieder so parteiisch wie möglich ausgesucht hatte, ging der Versuch der Diskreditierung Bernd Luckes und der AfD schief. Er ging als Sieger vom Platz.

Herr Stoiber konnte in der Runde nicht glänzen. Der Export bricht bestimmt nicht in Deutschland zusammen, weil man den Euroraum verlässt. Der Export war auch zu DM-Zeiten sehr hoch. Und von "Bierzeltpolitik" kann ja wohl beim Herrn Lucke nicht die Rede sein.

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