Religionskritik: Ja, Sie dürfen!
von Thomas Baader
Sie dürfen den Katholizismus hassen. Das ist erlaubt. Ich persönlich tue mir mit dem Verb „hassen“ immer etwas schwer, weil für mich dann eine eher emotionale Ebene angesprochen wird und ich lieber den Verstand einsetze. Im Falle von Hass mache ich mir immer auch ein wenig um den Hassenden Sorgen, denn Hass kann nicht gesund sein. Trotzdem dürfen Sie das.
Sprechen wir aber jetzt lieber statt von Hass von Ablehnung. Also noch einmal von vorne: Sie dürfen den Katholizismus ablehnen. Das ist erlaubt.
Warum sollten Sie das auch nicht dürfen? Der Katholizismus besteht schließlich aus Inhalten, aus Ge- und Verboten, er ist ein Gedankengebäude, eine Lehre, eine Weltanschauung. Selbstverständlich hat ein Mensch das Recht darauf, dies alles abzulehnen. Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass ich selbst Katholik bin. Ich habe dadurch nicht die Befugnis, Ihnen die Ablehnung des Katholizismus zu gestatten oder zu verwehren. Diesen Text könnte auch ein Nichtkatholik schreiben, und seine Aussage wäre nichtsdestoweniger richtig.
All das, was ich hier geschrieben habe, ist genauso wahr, wenn Sie statt „Katholizismus“ einfach „Islam“ einsetzen. Und natürlich funktioniert diese Ersatzprobe auch mit „Buddhismus“, „Neoheidentum“ oder „Flying Spaghetti Monsterism“.
Bislang habe ich in diesem Text noch keine Aussage darüber getroffen, ob ich persönlich eine Ablehnung der genannten Religionen als richtig empfinden würde. Darum geht es nicht. Ich könnte Ihre Ablehnung des Buddhismus, so wie Sie sie inhaltlich begründen, für falsch halten. Das würde nichts daran ändern, dass ich der Ansicht bin, dass Sie zu der ablehnenden Haltung generell berechtigt sind.
Die Aussage „Ich lehne den Katholizismus ab“ ist also genauso wenig skandalös wie „Ich lehne den Islam ab“. Die Religionsfreiheit gewährt es jedem, diese (oder beliebig andere) Religionen zu praktizieren, zwingt aber darüber hinaus niemanden, der ihnen nicht angehört, diesen Religionen positiv gegenüber zu stehen (streng genommen ist noch nicht einmal das Mitglied der jeweiligen Religion dazu gezwungen).
Über die Gründe der Ablehnung darf man, wie über alles, diskutieren und nach Herzenslust streiten. So darf man sich darüber wundern, dass Bundestagsabgeordnete, die gegen den Papst auf die Barrikaden gehen wegen dessen (tatsächlichen und empfundenen) reaktionären Positionen, gleichzeitig rumkumpeln mit islamischen Verbänden, die dieselben reaktionären Positionen (oder gar noch reaktionärere) vertreten. Man darf sich wundern, wenn jemand auf vergleichsweise harmlose Repräsentanten nicht unbedingt allzu moderner Religiosität nach Herzenslust einprügelt, sich aber an wirklich antimoderne und demokratiefeindliche Gruppierungen, die es eben nun einmal auch gibt, gar nicht erst herantraut.
Es gibt aber eine Sache, die man unter Umständen nicht darf, und zwar zu Recht: Man darf nicht zum Hass gegen die Menschen, die einer bestimmten Religion angehören, aufrufen. Denn hier könnte der Tatbestand der Volksverhetzung durchaus erfüllt sein. Jemand, der allen Katholiken oder Muslimen den Tod wünscht, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, lediglich eine Lehre abzulehnen.
Wir sollten froh sein, dass es so ist. Denn so schützt diese Regelung Menschen vor Hass, aber nicht Religionen oder religiöse Ideologien vor Kritik, auch wenn uns manchmal etwas anderes eingeredet wird. Wer wirklich der Ansicht ist, dass die Ablehnung einer Religion generell unzulässig ist, der sollte sich einmal ein Gedankenspiel erlauben: Was wäre, wenn sich die NPD auflösen und als Kult des Großen Deutschen Erlösers neu gründen würde?
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